Timo Lamour
February 6, 2025

Wie Verlage ihre Einnahmequellen erfolgreich diversifizieren: 3 Erfolgsrezepte aus der Praxis

Die Medienbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Verlage stehen vor wirtschaftlichen Unsicherheiten, technologischen Umbrüchen und einem veränderten Nutzerverhalten. Besonders gravierend ist der Rückgang des Traffics aus sozialen Netzwerken sowie das langsamere Wachstum digitaler Abonnements.

Laut dem Reuters Digital News Report planen 42% der Verlage Investitionen in neue Produkte für jüngere Zielgruppen. 20% sehen eine internationale Expansion als weitere vielversprechende Produktentwicklungsmöglichkeit an. Dies zeigt: Ein „Weiter so“ ist keine Option mehr – die Verlagsbranche muss ihre Geschäftsmodelle überdenken.

Die Zeit der einseitigen Erlösmodelle ist vorbei. Wer langfristig erfolgreich bleiben will, muss auf ein diversifiziertes Portfolio setzen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die drängendsten Herausforderungen der Branche, analysieren erfolgreiche Diversifikationsstrategien und zeigen konkrete Handlungsschritte auf.

Die 3 größten Herausforderungen für Verlage im Jahr 2025

1. Rückgang von Social-Media-Traffic

Bis vor wenigen Jahren war Social Media eine der wichtigsten Traffic-Quellen für Verlage. Doch die Zeiten, in denen Facebook und X/Twitter verlässliche Klicklieferanten waren, sind vorbei. Laut dem Reuters Digital News Report ist der Traffic von Facebook zu Nachrichtenseiten in den letzten zwei Jahren um 67% eingebrochen. Twitter/X hat 50% weniger Verlags-Traffic generiert.

Die Auswirkungen sind gravierend:

  • Viele Nachrichtenseiten erleben einen Rückgang der Werbeeinnahmen, weil weniger Nutzer auf ihre Inhalte gelangen.
  • Die Lesergewinnung über soziale Netzwerke wird teurer, da bezahlte Werbung oft der einzige Weg ist, noch relevante Reichweite zu erzielen.
  • Junge Zielgruppen konsumieren Nachrichten eher über TikTok, YouTube und Messenger-Dienste als über klassische Newsfeeds.

Lösungsansätze:

  • Eigene Kanäle stärken: Newsletter, Push-Notifications und andere Direct-Relationship-Kanäle gewinnen an Bedeutung.
  • SEO als Kernstrategie nutzen: Organische Suchergebnisse über Google Discover & Co. sind wichtiger denn je.
  • Communitys aufbauen: Geschlossene Gruppen oder eigene Plattformen zur Leserinteraktion fördern.
  • Alternative Plattformen einbeziehen: YouTube und TikTok sollten nicht als Konkurrenten, sondern als Distributionskanäle gesehen werden.

2. Abhängigkeit von digitalen Abonnements

Digitale Abos galten lange als die Zukunft des Journalismus. Doch die Marktentwicklung zeigt: Das Wachstum verlangsamt sich deutlich. Laut des Reuters Digital News Reports berichten 73% der Verlage von einem starken oder moderaten Anstieg der digitalen Abos, aber 28% sehen stagnierende oder rückläufige Zahlen.

Warum ist das problematisch?

  • Der Markt ist gesättigt: Viele Leser haben bereits digitale Abos und möchten keine zusätzlichen kostenpflichtigen Angebote nutzen.
  • Unterschiedliche Zahlungsbereitschaft: Während manche Zielgruppen bereit sind, für tiefgehenden Journalismus zu zahlen, bevorzugen andere kostenlose Nachrichten.
  • Konkurrenz durch unabhängige Creator: Plattformen wie Substack oder Patreon ermöglichen Journalisten, eigene, bezahlte Newsletter oder Podcasts anzubieten, die im Wettbewerb zu traditionellen Verlagen stehen.

Strategien zur Diversifikation:

  • Micro Subscriptions: Statt monatlicher Abos könnten Pay-per-Article-Modelle oder Tagespässe getestet werden.
  • Personalisierte Angebote: KI-gestützte Paywalls können Artikel basierend auf Nutzerinteressen freigeben oder sperren.
  • Bündelmodelle mit Partnern: Kooperationen mit Streaming-Diensten oder Fachverlagen könnten neue Abonnenten anziehen.

3. Einfluss von KI und technologischen Disruptionen

Generative KI verändert die Art und Weise, wie Inhalte erstellt und konsumiert werden. 87% der Medienunternehmen sehen KI als Transformationsfaktor für ihre Redaktionen. Suchmaschinen wie Google betonen außerdem, dass nicht die Herkunft eines Inhalts (menschlich oder KI-generiert), sondern seine Qualität und Relevanz für die Nutzer über das Ranking entscheidet. Hochwertige journalistische Inhalte bleiben daher wettbewerbsfähig, sofern sie den etablierten SEO- und Qualitätskriterien entsprechen.

Risiken für Verlage:

  • Leser nutzen KI-Assistenten (z. B. ChatGPT) direkt, anstatt Nachrichten-Websites zu besuchen.
  • Google und Bing testen bereits „AI Overviews“, die Fragen beantworten, ohne dass Nutzer auf eine Quelle klicken müssen.
  • KI kann Fake News erzeugen, die schwer von journalistischen Berichten zu unterscheiden sind.

Strategien für Verlage:

  • KI als Unterstützung nutzen: Automatisierte Transkriptionen, Zusammenfassungen und Bildbearbeitungen beschleunigen Workflows.
  • Hyperpersonalisierung: Smarte Empfehlungen und individuelle Nachrichten-Feeds verbessern die Leserbindung.
  • Vertrauenswürdige Inhalte als USP: Leser zahlen für exklusive Analysen, Meinungsstücke und Hintergrundberichte, die KI nicht liefern kann.

Beispiele erfolgreicher Diversifikation Erfolgreiche Verlage setzen zunehmend auf innovative Strategien, um ihr Geschäftsmodell zu diversifizieren und neue Erlösquellen zu erschließen. Drei Unternehmen, die dies besonders erfolgreich umgesetzt haben, sind die Madsack, Axel Springer und die Börsen-Zeitung. Ihre unterschiedlichen Ansätze zeigen, wie Verlage auf digitale Transformation, technologische Innovationen und zielgruppenspezifische Inhalte setzen können, um nachhaltig zu wachsen.  

1 Madsack: Transformation von Print zu Digital

Strategie: Die Madsack Mediengruppe verfolgt für die Zukunft eine konsequente Digital-First-Strategie, die darauf abzielt, Leser schrittweise von Print- zu digitalen Abonnements zu führen, ohne dabei bestehende Print-Kunden zu verlieren. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist die frühzeitige Einstellung gedruckter Ausgaben in ausgewählten Regionen und die gleichwertige Positionierung des E-Papers als vollwertige Alternative. Ein besonderer Fokus liegt auf einer strukturierten Begleitung der Abonnenten während der Umstellung, um die Akzeptanz für digitale Produkte zu erhöhen:

  • Print-Abonnenten wurden frühzeitig über die Umstellung informiert und erhielten Unterstützung in Form von Veranstaltungen und Geräteschulungen, um ihnen den Zugang zum E-Paper zu erleichtern.
  • Zusätzliche digitale Angebote wurden eingeführt, um jüngere Leser anzusprechen, darunter exklusive Newsletter und Plus-Abonnements mit erweiterten Inhalten.
  • Dynamische Upselling-Strategien halfen, Print-Abonnenten für digitale Zusatzinhalte zu gewinnen und langfristig an das digitale Produkt zu binden.

Ergebnis: Laut Henry Lohmar, Chefredakteur der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ), war der Wandel ein wichtiger Schritt in die Zukunft: „Obwohl ihr Altersdurchschnitt hoch ist, halten die meisten unserer Leser ihrer Lokalzeitung die Treue und sind bereit, mit uns einen Schritt in die digitale Zukunft zu gehen.“ Die Strategie erwies sich als äußerst erfolgreich:

  • 63 % der ehemaligen Print-Abonnenten entschieden sich für ein E-Paper-Abo.
  • Die Zahl der digitalen Plus-Abonnements stieg um mehr als 300.
  • 1.450 Leser meldeten sich für neue Newsletter an.

2 Digitale Transformation durch Podcasts, Newsletter und E-Commerce

Strategie: Die Rheinische Post Mediengruppe setzt gezielt auf digitale Angebote, um neue Zielgruppen zu erreichen und ihre Erlösmodelle zu diversifizieren. Besonders im Fokus stehen Podcasts, Newsletter und E-Commerce-Dienstleistungen.

  • Podcasts: Seit 2016 produziert die Rheinische Post mehrere erfolgreiche Podcasts, darunter das Nachrichtenformat Aufwacher, das 2021 neu konzipiert wurde.
  • Newsletter: Fünf verschiedene Newsletter-Formate liefern aktuelle Informationen zu verschiedenen Tageszeiten und stärken die Leserbindung.
  • E-Commerce-Expansion: 2023 beteiligte sich die Rheinische Post über ihre Tochter RP Digital GmbH mit 49 % an der best it AG, um E-Commerce-Lösungen für Handelsunternehmen anzubieten.

Ergebnis: Durch diese digitalen Maßnahmen konnte die Rheinische Post die Marke von 100.000 Digital-Abonnenten überschreiten, darunter 30.000 "Plus"-Abos und 25.000 E-Paper-Abos. Dies macht sie zu einem der führenden Regionalmedien Deutschlands.  

3 Axel Springer: KI als Wachstumstreiber

Strategie: Axel Springer integriert KI umfassend, um redaktionelle Prozesse zu optimieren und neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das Unternehmen hat ein globales Team für generative KI gegründet und eine Partnerschaft mit OpenAI geschlossen, um Journalismus in KI-Technologien zu integrieren. Der KI-Assistent Hey_, basierend auf GPT-Modellen, unterstützt dabei, Inhalte individuell auf Leser zuzuschneiden. Weitere Anwendungsbereiche:

  • Automatisierte Inhaltserstellung: Durch den Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT werden Überschriften, Teaser und andere redaktionelle Inhalte automatisiert generiert, was die Produktionsgeschwindigkeit erheblich steigert.
  • Personalisierte Nachrichtenfeeds: KI-gestützte Algorithmen analysieren das Leseverhalten und spielen individuelle Inhalte gezielt aus, um die Verweildauer zu erhöhen.
  • Optimierung redaktioneller Workflows: Die Integration von KI-Technologie automatisiert Aufgaben wie das Setzen von Tags und die Verwaltung von Artikel-Metadaten, wodurch Redaktionsprozesse effizienter gestaltet werden.

Ergebnis: Laut Axel Springer hat die Implementierung von KI-Prozessen die Effizienz in der Redaktion signifikant gesteigert. Durch Automatisierung konnten Kosten reduziert und gleichzeitig die inhaltliche Qualität verbessert werden. Die Monetarisierung digitaler Produkte wird durch personalisierte Inhalte und datengetriebene Paywalls optimiert, was die Nutzerbindung und Konversionsraten erhöht.  

Fazit

Die Verlagsbranche befindet sich im Umbruch, aber mit der richtigen Strategie können Verlage langfristig wachsen. Diversifikation ist kein Trend, sondern eine Notwendigkeit. Erfolgreiche Medienunternehmen setzen auf: Neue Monetarisierungsmodelle wie Bundles oder Premium-Analysen, Technologie als Chance für Personalisierung und Effizienzsteigerung und gezielte Expansion in neue Märkte und Zielgruppen.

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