Künstliche Intelligenz und juristische Herausforderungen: Worauf müssen Redaktionen und Verlage achten?
KI-basierte Technologien breiten sich im rasanten Tempo aus, doch wie sieht es mit der rechtlichen Seite aus? Was darf man und was ist nicht erlaubt?
Künstliche Intelligenz und juristische Herausforderungen: Worauf müssen Redaktionen und Verlage achten?
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein faszinierendes Thema, das immer mehr Bereiche des Lebens beeinflusst. Doch wie sieht es mit der juristischen Bewertung der künstlichen Intelligenz aus? Oft wissen wir nicht genau, was wir mit KI dürfen und was nicht. Deshalb haben wir uns mit den Experten der Kanzlei NORDEMANN zusammengesetzt, um Klarheit zu schaffen.
Die Kanzlei NORDEMANN ist eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei in Deutschland, die sich auf geistiges Eigentum, IT-Recht und gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hat. Dr. Stanislaus Jaworski und Dr. Malte Baumann sind zwei Anwälte der Kanzlei, die sich intensiv mit KI und den damit verbundenen rechtlichen Fragen auseinandersetzen. Gemeinsam haben wir wichtige rechtliche Punkte klären können.
Wird das Urheberrecht der Texte und Daten, mit denen die KI vorher trainiert wurde, verletzt?
Eine KI funktioniert nur, wenn sie mit einer großen Menge an Daten gefüttert wird. Das sind sowohl Bilder als auch Text, die in den meisten Fällen urheberrechtlich geschützt sind. Solange die künstliche Intelligenz durch Web Scraping diese Daten erhält und sie nicht dauerhaft speichert, ist es aus heutiger Sicht rechtskonform und keine Verletzung des Urheberrechts.
Ähnliches gilt für den Stil einer bestimmten Person. Mit gewissen KI-Tools ist es beispielsweise möglich, ein Gedicht im Stil von Shakespeare schreiben zu lassen. Solange es ein komplett neues Gedicht ist und sich nicht auf Personen aus den vorherigen Werken von Shakespeare bezieht, findet keine Urheberrechtsverletzung statt. Mit Bildern, die im Stil eines bestimmten Malers erstellt werden, trifft das ebenfalls zu.
Aus Sicht des Urheberrechts stellt auch das Übernehmen von Testergebnissen, auf die die KI beispielsweise bei Stiftung Warentest zugreift, ebenfalls keine Verletzung dar, solange Tabellen und Texte nicht 1 zu 1 kopiert werden.
Anders verhält es sich mit fiktiven Geschichten, in der Rechtssprache Fabeln genannt. Mit KI ist es möglich, sich beispielsweise eine Fortsetzung von Harry Potter schreiben zu lassen. Auch wenn diese Fortsetzung komplett neu und erfunden ist, verstößt sie gegen das Urheberrecht, wenn sie bestehende Charaktere aus der originalen Geschichte mit einbezieht.
Verletzt der durch KI entstandene Text das Urheberrecht?
Ob der durch die KI geschriebene Text ein Urheberrecht verletzt, ist schwer zu bestimmen. Es gibt Software, mit denen sich das prüfen lässt, doch wie genau diese sind, ist ebenfalls kaum festzustellen. Nur eingenauer Vergleich zwischen den Texten könnte zeigen, ob ganze Abschnitte kopiert worden sind. Da die KI jedoch meist eine Blackbox ist, lässt sich nicht herausfinden, welche Texte genau sie verwendet hat. In den meisten Fällen nutzt die KI eine große Menge an unterschiedlichen Daten, um einen neuen Text zu verfassen und der von der KI erstellte Inhalt ist in der Regel weit von den verwendeten ursprünglichen Daten entfernt, sodass es eher unwahrscheinlich ist, dass ein Urheberrecht verletzt wird.
In den USA kam es jedoch auch schon zu Klagen, wo Bilder durch eine KI erstellt wurden und zu sehr dem Original ähnelten. Bei Bildern mit Menschen muss auf die Persönlichkeitsrechte (auch von Prominenten) geachtet werden. So können auch bekannte Persönlichkeiten nicht in KI-Bilder verarbeitet werden, wenn diese zum Beispiel dafür genutzt werden, um Sammelkarten zu erstellen und zu verkaufen. Hier braucht es die Genehmigung des Prominenten.
Ist der durch KI entstandene Texturheberrechtlich geschützt?
Das Urheberrecht schützt persönliche geistige Schöpfung. Und persönlich heißt durch Menschen. Eine KI ist kein Mensch und kann daher selbst nichts schöpfen. Der rein von der KI erstellte Text ist demnach nicht urheberrechtlich geschützt. Wird dieser Text nun von einer Person bearbeitet, sprich komplett umgeschrieben, umformuliert und umstrukturiert, kann durch diese Bearbeitung ein Urheberrecht entstehen.
Rechtlich ändert sich auch nichts, selbst wenn diese künstliche Intelligenz nur mit eigenen Daten gefüttert wurde, da sich das Urheberrecht auf den Schöpfungsakt bezieht und nicht darauf, wer die Dateneingegeben oder den Prompt (Befehl) erstellt hat.
Doch was ist mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger? Würde der KI geschriebene Text unter dieses Schutzrecht fallen? Leistungsschutzrechte knüpfen anders als das Urheberrecht nicht an die Persönlichkeit des Schaffenden an, sondern an den finanziellen, organisatorischen Aufwand. Damit ist das Leistungsschutzrecht besser geeignet, KI-generierten Output zuschützen. Hier gehen die Meinungen sehr weit auseinander und es ist nicht ganz klar, wie die Gesetzeslage ist. Ein reiner KI-Text fällt eher nicht unter den Schutz. Sollte er aber zu 50 % durch Menschenhand erstellt worden sein, so kann es gut sein, dass auch der restliche Text damit unter das Leistungsschutzrecht fällt. Gerichtlich wurde bisher jedoch noch nichts entschieden.
Können KI-Firmen Urheberrechtegeltend machen?
In der Regel können KI-Firmen kein Urheberrecht geltend machen, weil die Firmen die KI nur entwickelt haben und die KI selbst als Maschine keine Urheberrechte erwerben kann. Eine KI selbst, also das Kernstück dieses neuronalen Netzwerks, besteht aus Algorithmen, die im Wesentlichen mathematische Funktionen sind und daher für sich genommen nicht schutzfähig sind. Das heißt, urheberrechtlicher Schutz von KI-Systemen kann nur dort entstehen, wo sie konkret in Software und Handlungsanweisungen eingebunden werden und das muss im Einzelfall geprüft werden.
Wie kann ein Verleger seine Datenschützen?
KI darf nur mit Inhalten trainiert werden, die freizugänglich sind. Wenn der Verlag also eine Paywall errichtet, sollte eine KI darauf nicht zugreifen können. Dennoch besteht das Problem, dass Dritte die Inhalte, die hinter der Paywall liegen, hochladen und sie so doch von der KI aufgegriffen werden können. Deshalb ist eine Paywall meist nicht ausreichend.
Hier können Verleger den Nutzungsvorbehalt verwenden. Das Gesetz gestattet den Inhabern von schutzwürdigen Inhalten, dass sie diese unter Nutzungsvorbehalt stellen können. Das bedeutet, dass die KI-Hersteller mit diesen Inhalten dann nicht arbeiten dürfen.
Dafür muss der Nutzungsvorbehalt klar verständlich und sichtbar veröffentlicht sein. Das kann zum Beispiel im Impressum oder in den AGBs sein. Da es hier meist jedoch um Digital Publishing geht, muss es vor allem für die KI ersichtlich sein. Deshalb sollte man den Nutzungsvorbehalt in die sogenannte robots.txt Datei reinschreiben. Das ist eine Handlungsanweisung, die der Endnutzer, wenn er die Seite aufruft, nicht sieht. Der Crawler jedoch erkennt diese Handlungsanweisung und scrollt nicht durch die Webseite. Wichtig ist, dass der Nutzungsvorbehalt für Maschinen lesbar ist.
Was gibt es rechtlich zu beachten, wenn Autoren rein KI-generierte Inhalte als eigene Manuskripte bei Verlagen einreichen?
Es besteht ein großes Problem für die Erstellung von KI-Texten, ohne ausreichend zusätzliche Bearbeitung: Diese Texte sind urheberrechtlich nicht geschützt. Das führt dazu, dass Autoren ein Haftungsproblem entstehen könnte, weil sie die Abgabe eines urheberrechtlich geschützten Werkes schulden.
Gleichzeitig haftet derjenige für die Veröffentlichung von KI-Texten, wenn diese Falschinformationen usw. enthalten, der sie veröffentlicht. Hier ist die Gesetzesgrundlage sehr klar.
Muss offengelegt werden, dass Texte und Bilder durch KI entstanden sind?
Hier gibt es speziell zur KI noch keine klaren Richtlinien, was jetzt im Detail wie gekennzeichnet werden muss.
Seinen eigenen Namen als Urheber drunter zu setzen, könnte jedoch Schwierigkeiten mit sich bringen, da das schon unter Irreführung fallen könnte. Auch hier gilt es, das finale Gesetz der EU abzuwarten.
Welche Rolle spielt der Datenschutzbei KI?
Datenschutzrechtlich ist künstliche Intelligenz ein schwieriges Thema, weil es so viele Transparenzvorschriften in der DSGVO gibt, die man beachten muss. Außerdem ist die KI wie eine Blackbox und es ist nur schwer zu sagen, wie die Daten verarbeitet werden.
Oft hängt es auch vom Einsatz der KI ab. Wird sie genutzt,um journalistische Inhalte zu generieren und es ist noch ein Mensch am Prozess beteiligt, so gilt das Medienprivileg, wodurch datenschutzrechtliche Pflichten sehr eingeschränkt sind. Dann muss man lediglich aufpassen, keine falschen Informationen zu veröffentlichen oder Informationen, die die Intimsphäre von Personen verletzen.
Wie sieht die rechtliche Bewertung künstlicher Intelligenz in der Zukunft aus?
Viele Punkte sind noch unklar. Das liegt daran, dass neue Trends sich erst entwickeln und das Gesetz immer etwas hinterherhinkt.
Die EU arbeitet gerade an einem Gesetzesentwurf, der die Rechte rund um KI klar regeln soll. Dieser befindet sich in derAbstimmungsphase, im sogenannten Trilog zwischen dem Europäischen Parlament, der Kommission und dem Rat. Erfahrungsgemäß ändert sich bis zum finalen Gesetz einiges, sodass hier keine eindeutigen Aussagen getroffen werden können.
Fazit
Noch gibt es bei künstlicher Intelligenz einige juristische Herausforderungen, da vieles noch unklar ist, weil die Gesetzesgrundlage fehlt und es wenige Gerichtsurteile gibt, an denen man sich orientieren kann. Ein wichtiger Aspekt ist die Haftung für die publizierten Inhalte, sodass auch mit Hilfe von KI, die Inhalte auf Echtheit geprüft werden sollten. Gleichzeitig verlangt das bestehende Urheberschutzgesetz, dass ein Text aus persönlicher, geistiger Schöpfung entsteht. Das kann eine Maschine nicht leisten, sodass ein Text von einer KI nicht urheberrechtlich geschützt ist und im besten Fall auch als KI verfasst gekennzeichnet werden sollte.
Weitere Informationen zu den rechtlichen Aspekten künstlicher Intelligenz in Redaktionen erfahren Sie in unserem On-Demand Webinar "Rechtliche Herausforderungen:
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