5 Tipps für Verlage, um das Leser-Engagement deutlich zu erhöhen

Esra Celebi

Die digitale Verlagswelt ist nach wie vor äußerst hart umkämpft. Die erfolgreichsten Verlage von heute investieren daher schon länger mehr in Leser-Engagement als in Neukundenakquise.


Die digitale Verlagswelt ist nach wie vor äußerst hart umkämpft. Die erfolgreichsten Verlage von heute investieren daher schon länger mehr in Leser-Engagement als in Neukundenakquise.

Die Financial Times (FT) gibt inzwischen sogar etwa dreimal mehr für Leser-Engagement als für die Akquise neuer Leser aus. 59% aller Verlage tun jedoch das Gegenteil. Große Verlage wie die FT sehen, wenn es um die Inhaltserstellung geht, dass weniger fast immer mehr ist. Die in die Jahre gekommene Strategie, Klicks und Seitenaufrufe zu maximieren, ist gescheitert. Stattdessen rückt das Leser-Engagement zunehmend in den Mittelpunkt.

In diesem Artikel möchte ich mich ausführlicher mit dem Thema Leser-Engagement befassen. Dabei werde ich insbesondere folgende Themen behandeln:

  • Warum Leser-Engagement wichtig ist
  • Wie Sie Leser-Engagement richtig messen
  • Best Practices für die Steigerung von Leser-Engagement



1 Warum Leser-Engagement wichtig ist

Leser-Engagement ist heutzutage aus mehreren Gründen entscheidend. Einer der entscheidendsten Gründe ist jedoch, dass dadurch der Umsatz eines Verlags deutlich gesteigert werden kann.

Laut dem Medienanalytiker Thomas Baekdal interessieren sich Leser zunehmend weniger für die Anzahl der veröffentlichten Artikel. Stattdessen suchen sie nach Qualität und Artikeln, die ihr Interesse wecken. Den unnötigen Ballast zu beseitigen und qualitativ hochwertige Artikel anzubieten, führt demnach zu mehr Abonnenten und Werbeeinnahmen. Das ergibt Sinn. Denn Leser, die Ihre Artikel als relevant und professionell ansehen, werden sich weiter mit ihnen auseinandersetzen. Sie werden immer wieder auf Ihre Website zurückkehren, da sie wissen, dass Sie dort erstklassige Inhalte finden. Parallel dazu steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie Ihre Artikel über Social Media und im Bekanntenkreis verbreiten. Dies führt zu einem Kaskadeneffekt und erhöht dadurch das Umsatzwachstum.

In der Praxis gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Verlage wie The Guardian, The Times of London und Le Monde haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Anzahl ihrer Artikel zu reduzieren. Dies hat zu einem Wachstum bei den Zugriffszahlen, der Verweildauer und der Abonnentenzahlen geführt. The Post and Courier of South Carolina zum Beispiel verzeichnete von 2017 bis 2019 einen Anstieg der digitalen Abonnements um 250%. Sie erreichte dieses Wachstum, indem sie ihren Fokus von den Seitenaufrufen auf die Verweildauer und die verbrachten Minuten auf ihrer Website verlagerte.

„Wir könnten die Hälfte unseres journalistischen Angebotes abschaffen, und unser Traffic würde sich kaum verändern – selbst wenn wir unser Angebot nicht ersetzen würden. Was wäre, wenn wir es durch Inhalte ersetzen würden, die unsere Leser wirklich wollen?”

Josh Awtry, Chefredakteur Nachrichtenstrategie bei USA Today Network



2 Wie Sie Leser-Engagement richtig messen

Es liegt also auf der Hand, dass Leser-Engagement etwas ist, das viele Verlage ernster nehmen sollten. Das ist jedoch nur ein Teil der Lösung. Sie müssen nicht nur die Bedeutung erkennen, sondern auch einen Plan erstellen, wie Sie Leser-Engagement messen und verbessern können.

Um besser zu verstehen, wie Sie dies erreichen können, ist es hilfreich, einige erfolgreiche Verlage zu studieren. Obwohl Ihr Verlag diese Kennzahlen natürlich nicht übernehmen muss, sind sie oft ein guter Anfang.


Financial Times & Wall Street Journal

Die Financial Times hat beispielsweise einen eigene Engagement Score entwickelt, der auf einem Mix aus Aktualität, Häufigkeit und Volumen basiert. Das Wall Street Journal verfolgt dagegen einen etwas anderen Ansatz. Es misst sein Leser-Engagement, indem es sich auf eine Kennzahl stützt, die “active days” (aktive Tage) genannt wird. Active days ist im Wesentlichen die Anzahl der Tage, an denen sich ein Leser mit Inhalten auf der Website des Wall Street Journal beschäftigt. Außerdem ist auch das sogenanntes „Habit Project“ des Wall Street Journals erwähnenswert. Es nutzt 16 verschiedene „Engagement-Möglichkeiten“, um die Verweildauer der WSJ-Leser auf der Website zu erhöhen.

Reader Engagement: Habit Adoption Graph
Eine interessante Erkenntnis aus dem „Project Habit“ des WSJ war, dass sich Gewohnheiten schon sehr früh herausbilden.


The Telegraph

The Telegraph verfolgt noch einen anderen Ansatz. Denn legt der Londoner Verlag legt vor allem großen Wert auf die Abonnentenzahl, um das eigene Leser-Engagement zu messen. The Telegraph hat zwar nie öffentlich erklärt, warum genau sie so großen Wert auf diese eine Messgröße legen. Ich gehe einfach mal davon aus, dass das Management der Zeitung findet, dass die Abonnentenzahl signalisiert, wie viele Leser mit dem Angebot der Zeitung so zufrieden sind, dass sie bereit sind dafür zu bezahlen.


Seattle Times

Des Weiteren ist die Seattle Times ein weiteres großartiges Beispiel für einen Verlag, der einen gemischten Ansatz verfolgt. So misst der Verlag drei verschiedene Arten von Kennzahlen: Engagement, Anzeigensichtbarkeit und Verweildauer. Allerdings geht die Zeitung noch einen Schritt weiter. Sie verfolgt 45 verschiedene Aktionen, wenn Leser ihre Inhalte konsumieren. Einige dieser Aktionen umfassen das Scrollen auf der jeweiligen Seite und Mausbewegungen. Laut Seattle Times haben diese Kennzahlen dazu geführt, dass der Verlag über 30.000 Dollar an zusätzlichen Einnahmen erzielen konnte.

Natürlich gibt es auch noch viele weitere KPIs, die hilfreich für Sie sein können. Ihr Team sollte sich für den Anfang am besten auf Dinge wie Verweildauer (auch als Sitzungsdauer bekannt), Absprungrate und wiederkehrende Besucher konzentrieren. Wie auch immer Sie sich entscheiden, die obige Liste ist ein guter Anfang, um Ihnen bei der Messung des Leser-Engagements auf Ihrer Website zu helfen.



3 Best Practices für die Steigerung von Leser-Engagement

Die Maximierung des Leser-Engagement erfordert außerdem ein beträchtliches Maß an kleineren Experimenten und Analysen. Ihr Team sollte stets ein Auge darauf haben, wie Ihre Leser reagieren. Dann können Sie mehr Ressourcen in das stecken, was funktioniert und was nicht funktioniert einstellen.


Le Monde

Die erste Möglichkeit, das Leser-Engagement zu erhöhen, besteht, wie oben erwähnt, darin, weniger aber dafür hochwertige Artikel zu veröffentlichen. Le Monde liefert dafür ein gutes Beispiel. Im Jahr 2017 begann die Zeitung, sich mehr auf Engagement zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang beschloss der französische Verlag, die Anzahl seiner Artikel um 25% zu reduzieren und gleichzeitig seinen Mitarbeiterstab auf 500 Journalisten aufzustocken. In der Vergangenheit hätte so eine Entscheidung wahrscheinlich für viel Kopfschütteln gesorgt, da die Verlage schließlich das Ziel hatten, die Anzahl der Klicks zu maximieren. Durch die geringere Zahl von Artikeln konnte Le Monde jedoch sein Online-Publikum sowie außerdem seine gedruckte und digitale Auflage erhöhen.


Times of London

Gleiches gilt für die Times of London. Im Sommer 2019 veröffentlichte die britische Zeitung in ihrem digitalen Hauptnachrichtenteil 15% weniger Artikel. Dies erfolgte, nachdem sie festgestellt hatte, dass Artikel mit zusätzlichem oder exklusivem Inhalt im Vergleich zu den Artikeln, die solche Inhalt nicht hatten, überdurchschnittlich gut performten. Durch den Fokus auf diese Art von Artikeln konnte die Zeitung einen Anstieg der Verweildauer um 25% verzeichnen.

Times of London Screenshot showing that additional video content leads to high reader engagement

Dieses beispiel verdeutlicht, dass wenige, qualitativ hochwertige Artikel besser für das Leser-Engagement sind als eine hohe Anzahl an weniger guten Artikeln. Darüber hinaus sollten Sie unbedingt die häufige Nutzung von E-Mails in Betracht ziehen. E-Mails sind aufgrund der Beziehung, die sie zwischen dem Leser und dem Verlag aufbauen, ein entscheidender Baustein in jeder Engagement-Strategien. Unabhängig davon, ob Sie sich für den Einsatz von Onboarding-E-Mails, regelmäßige Newsletter oder etwas anderes entscheiden, der Aufbau dieser direkten Beziehung zu den Lesern kann sich in höchstem Maße für Sie auszahlen. An dieser Stelle möchte ich vor allem Les Echos und die New York Times nennen.


Les Echos & New York Times

Les Echos fand zum Beispiel heraus, dass Leser, die E-Mails erhalten, loyaler sind als diejenigen, die über die Suchmaschine oder soziale Medien auf die Les-Echos-Website kamen. Die New York Times fand auch heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Newsletter-Abonnenten zu zahlenden Abonnenten werden, doppelt so hoch ist wie bei Nicht-Newsletter-Abonnenten. Denken Sie daher bei Ihren Bemühungen zur Steigerung Ihres Leser-Engagements unbedingt an E-Mails.



4 Was sind die wichtigsten Schlussfolgerungen?

Es lohnt sich das Leser-Engagement zu erhöhen. Dabei sollten Sie vor allem die folgenden Punkte im Auge behalten.

  1. Erstens, unterstützen Sie den Aufbau von Gewohnheiten und belohnen Sie diejenigen Leser, die Ihre Website regelmäßig besuchen. Der Artikel von NiemanLab gibt einige hilfreiche Tipps. Der Aufbau von Gewohnheiten trägt viel dazu bei, ein nachhaltiges Leser-Engagement zu schaffen.
  2. Stellen Sie als nächstes sicher, dass Sie Ihre E-Mail-Abonnenten ansprechen. Richten Sie sich insbesondere an die Abonnenten, die die höchste Tendenz zur Abmeldung haben. Verlage wie Canada’s Globe and Mail haben mit dieser Taktik großen Erfolg gehabt.
  3. Drittens, löschen Sie die Inhalte, die niemand liest. Sie überladen Ihre Website nur und helfen niemandem. Die Times of London hat dies getan und festgestellt, dass das Löschen nicht funktionierender Inhalte eine gute Möglichkeit ist, die Nutzererfahrung drastisch zu steigern.
  4. Viertens, überraschen Sie Ihre Leser mit unerwarteten Geschenken. Auf diese Weise zeigen Sie Ihren Lesern, dass Sie sie wertschätzen. Nur ein Beispiel: The Atlantic hat z. B. kleine Belohnungen an alle Leserinnen und Leser verschickt – darunter ein persönliches Babygeschenk zur Geburt an einen besonders verdienten Leser.
  5. Schließlich sollten Sie darüber nachdenken, wie Sie Ihr Leser-Engagement mit neuer Technologie verbessern können. So verwendet Die Welt, der deutsche Nachrichtengigant, KI-basierte Technologie, um Artikelverlinkungen zu automatisieren und zu optimieren. Dieses Vorgehen erhöhte die Verweildauer sowie das Engagement signifikant. Außerdem können Verlage über Text-to-Speech-Technologien wie Amazon Polly nachdenken, um das Engagement weiter zu erhöhen.



Fazit

Das Leser-Engagement zu erhöhen ist eines der produktivsten Dinge, die Ihr Verlag tun kann. Es macht Ihre Leser nicht nur glücklicher, sondern führt auch zu höheren Umsätzen. Mit anderen Worten: Es ist ein Gewinn für Ihr Unternehmen und Ihre Leser.

Nehmen Sie daher diese Aufgabe ernst. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Lesern zuhören. Denken Sie daran, dass weniger Artikel häufig mehr ist. Heben Sie besonders wertvolle Artikel hervor und haben Sie den Mut schlecht performende Inhalte zu löschen. Stellen Sie gleichzeitig sicher, dass Sie die wichtigsten KPIs messen und machen sie sich die Vorteile neuer Technologien zunutze.

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