Tim Thormann im Interview: Wie der Kölner Stadt-Anzeiger mit „Click & Read“ moderne Leser anspricht

Ninja Sinke

Im August 2023 hat der Kölner Stadt-Anzeiger eine innovative Alternative neben dem klassischen Abonnement eingeführt: das Prepaid-Modell „Click & Read“. Tim Thormann, Head of Paid Content and Digital Subscribers, verrät im Gespräch mit Purple spannende Einblicke zu Zielgruppe, Nutzungszahlen und mehr.

Tim Thormann, Head of Paid Content and Digital Subscribers bei den Kölner Stadt-Anzeiger Medien, spricht im Interview mit Purple über das im August 2023 eingeführte Prepaid-Modell „Click & Read“. Es wurde entwickelt, um die Bedürfnisse der Nutzer nach Flexibilität und Unabhängigkeit zu erfüllen und ermöglicht ihnen, ohne Abonnement einzelne kostenpflichtige Artikel zu lesen. Tim gibt unter anderem Einblicke in die Herausforderungen der Angebotsgestaltung, Nutzungszahlen und Zielgruppenansprache sowie Empfehlungen für die Implementierung eines alternativen Bezahlmodells.  

Tim Thormann: „Leser wollen Flexibilität und Unabhängigkeit“

Was ist dein beruflicher Hintergrund und was sind deine Aufgaben in deiner jetzigen Position?  

Tim Thormann: Ich bin seit acht Jahren im digitalen Marketing tätig und habe für verschiedene Agenturen im Raum Köln gearbeitet. Seit einem Jahr bin ich auf Verlagsseite als Head of Paid Content and Digital Subscribers für die Vermarktung der Paid-Produkte des Kölner Stadt-Anzeigers und der Kölnischen Rundschau verantwortlich.   

Welche Herausforderungen haben Verlage deiner Ansicht nach aktuell im Hinblick auf die Angebotsgestaltung?  

Bei der Angebotsgestaltung sollten Verlage unbedingt die Bedürfnisse der Nutzer beachten. Klassische Abonnement-Modelle sind zwar rentabel, erfüllen die Bedürfnisse der Leser allerdings manchmal nicht. Leser wollen Flexibilität und Unabhängigkeit – Eigenschaften, die ein Abonnement ihnen nicht bietet.  

Was hat euch dazu veranlasst, beim Kölner Stadt-Anzeiger und der Kölnischen Rundschau das Prepaid-Modell „Click & Read“ einzuführen?  

Wir haben nach einer Lösung gesucht, um Kündigungen des Abonnement-Modells und damit der Abonnement-Müdigkeit entgegenzuwirken. Häufige Kündigungsgründe waren, dass Leser nur Zugriff auf einen kostenpflichtigen Artikel erhalten wollten oder das Abonnement nicht ausreichend genutzt haben. So entstand das neue Prepaid-Modell „Click & Read“, das den Bedürfnissen vieler Leser besser entspricht. 

Wie funktioniert dieses Prepaid-Modell?

„Click & Read“ funktioniert im Grunde wie ein digitales Wallet. Unsere Leser können Coins kaufen, ihre digitale Geldbörse damit aufladen und pro Coin einen Artikel freischalten. So haben sie auch ohne Abonnement unbegrenzten Zugang zu unseren kostenpflichtigen Artikeln auf der Webseite. Die Coins haben kein Verfallsdatum und sind so lange nutzbar, bis sie ausgegeben werden. Bei Bedarf können Leser neue Coins dazu kaufen und bleiben dabei vollkommen ungebunden und flexibel. „Click & Read“ passt sich den Bedürfnissen unserer Leser an.  

Warum gibt es drei spezifische Preisoptionen für „Click & Read“?  

Unsere Leser können ihr digitales Wallet mit je 3, 7 oder 15 Coins aufladen. Wir haben unterschiedliche Einstiegspreise festgelegt, um den Kauf möglichst vieler Coins attraktiv zu gestalten: Je mehr Coins Nutzer kaufen, desto günstiger wird der Preis pro Coin und so auch pro Artikel. Wir beobachten, dass 80 Prozent der Erstnutzer von „Click & Read“ 3 Coins zum Preis von 5 Euro wählen. Bei Folgeaufladungen wählen sie häufig höhere Beträge. Das deutet darauf hin, dass sie sich zunächst mit dem Produkt vertraut machen möchten und mit dem gekauften Produkt zufrieden sind.

Kölner Stadt-Anzeiger Medien

„Click & Read“ dient als Einstiegsprodukt für unentschlossene Nutzer

Welche Vorteile bietet das Prepaid-Modell im Vergleich zu traditionellen Abonnements und was unterscheidet es davon? 

Ein großer Vorteil ist definitiv die Flexibilität für unsere Leser, da sie nicht an ein Abonnement gebunden sind. Das entspricht den Bedürfnissen vieler Menschen in der heutigen Zeit, die im Alltag bereits zahlreiche Abonnements und Verträge abgeschlossen haben. An einem bestimmten Punkt ist das Maß voll, weshalb unser Modell genau zur richtigen Zeit kommt.  

Möchtet ihr mit diesem Modell eine spezielle Zielgruppe ansprechen und welche?  

Wir nutzen „Click & Read“ gerne als Einstiegsprodukt für Nutzer, die noch nicht bereit sind, ein Abonnement abzuschließen und unsere Inhalte in unregelmäßigen Abständen nutzen. Aufgrund unserer dynamischen Paywall erhalten Personen, die zum ersten, zweiten oder dritten Mal auf unserer Webseite sind, immer ein zahlungspflichtiges „Click & Read“-Produkt mit ausgespielt. Je häufiger diese Nutzer auf der Webseite sind und je mehr Inhalte sie konsumieren, desto wahrscheinlicher ist es, dass „Click & Read“-Produkte nicht mehr angezeigt werden. Nutzer, die monatlich besonders viele Coins ausgeben und für die das Abonnement günstiger wäre, bekommen in regelmäßigen Abständen Abonnement-Angebote via Newsletter.

Möchtet ihr auch eine bestimmte Altersgruppe ansprechen?  

Kurz gesagt, nein. Wir möchten mit Click & Read alle Personen monetarisieren, die noch nicht bereit für ein Abonnement sind. Wir sehen aber, dass unser neues Modell insbesondere bei jüngeren Menschen gut ankommt. Mit „Click & Read“ erreichen wir aktuell eine Zielgruppe, die wir ohne dieses Produkt wahrscheinlich nicht monetarisieren könnten. Unsere Daten spiegeln das wider: Nur 10 Prozent der „Click & Read“-Nutzer haben zu einem früheren Zeitpunkt das Plus-Abonnement genutzt. Das bedeutet, dass wir mit dem neuen Produkt nicht unsere Abonnement-Nutzer kannibalisieren, sondern Neukunden ansprechen und damit eine weitestgehend andere Zielgruppe monetarisieren.  

„Click & Read“-Nutzer kauften in einem Jahr mehr als 25.000 Coins

Wie wird das Angebot von der Leserschaft genutzt?  

„Click & Read“ bieten wir nun seit knapp ein Jahr an und haben in dieser Zeit fast 3.200 Coin-Nutzer gewinnen können. Insgesamt wurden mehr als 25.000 Coins gekauft, von denen etwa 16.000 bereits genutzt wurden. Das entspricht einem Anteil von 65 Prozent genutzter Coins, mit steigender Tendenz. Wir haben außerdem den Lebenszyklus der Nutzer, die in der Vergangenheit unseren Probemonat genutzt haben, mit dem der „Click & Read“-Nutzer verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit „Click & Read“ 300 Prozent mehr Erlös machen als mit dem Probemonat. Damit sind wir absolut zufrieden.  

„Click & Read“ wird derzeit nur im Web angeboten, nicht für die App. Gibt es Pläne, dieses Bezahlmodell auch für andere Plattformen auszuweiten?  

Ja, für die App soll dieses Modell zeitnah ebenfalls kommen.  

Wie wird der Erfolg von „Click & Read“ gemessen? Kannst du einen Überblick zur Performance des Angebots geben? 

In erster Linie wollen wir unsere Nutzer zufriedenstellen. Wir haben immer mehr Nutzer, die zum zweiten oder dritten Mal Coins aufladen. Das zeigt uns, dass das Modell gut funktioniert und gut ankommt. Wir haben sogar einige Heavy-User, die bereits bis zu 20-mal aufgeladen haben. Erfolg bedeutet für uns auch, dass wir jetzt Nutzer monetarisieren können, die wir sonst vermutlich nicht monetarisiert hätten. Der Nutzungsanteil der ausgegebenen Coins ist für uns eine wichtige KPI, die wir genau tracken. Unsere Daten zeigen, dass dieser Anteil kontinuierlich steigt. Bislang haben 64 Prozent der Nutzer ihr Wallet einmalig mit Coins aufgeladen, zu Beginn des Jahres lag diese Zahl noch bei etwa 50 Prozent.

Mit „Click & Read“ monetarisiert der KStA eine spezielle Zielgruppe

Wie aufwändig ist es für Verlage, ein solches Modell in ihre bestehenden Systeme zu integrieren?  

Wir haben ein Produkt von Plenigo verwendet, um das „Click & Read“-Modell zu integrieren. Plenigo hatte bereits ein Produkt, das die Grundlage für unser Bezahlmodell bildet, weshalb der Aufwand für uns nicht groß war. Die Anpassungen an unserem System waren größtenteils auf das Frontend beschränkt. Wir haben Designs für das Modell entwickelt und der Rest wurde von Plenigo vorgegeben. Vom ersten Meeting bis zum Livegang von „Click & Read“ vergingen etwa zwei Monate. Ohne die technische Grundlage von Plenigo wäre es für uns deutlich komplizierter gewesen.   

Welche Empfehlungen würdest du Verlagen geben, die überlegen, von traditionellen Abonnements zu einem anderen Bezahlmodell zu wechseln?  

Wir nutzen „Click & Read“ ergänzend zu unseren Abonnement-Angeboten, ein Wechsel hat in unserem Fall daher nicht stattgefunden. Die beiden Bezahlmodelle funktionieren für uns sehr gut parallel zueinander, denn wir monetarisieren mit „Click & Read“ eine spezielle Zielgruppe. Bei den „Heavy Usern“ ist unser Ziel, sie auf das Abonnement hinzuweisen.  

Es ist wichtig, das Abonnement-Modell nicht zu kannibalisieren, denn damit werden die meisten Erlöse generiert. Man sollte sich allerdings immer wieder die Frage stellen, welchen Wert ein Artikel hat. Wir haben definiert, dass ein Artikel mindestens einen Euro wert sein sollte. Bei aufwändigen Recherchen mit Artikeln über mehrere Seiten, bei Podcasts oder anderen aufwändigeren Produktionen, sollte die Wertigkeit jedoch höher sein. Diese Weiterentwicklung der Preisgestaltung ist auch bei uns potenziell möglich.

Wie schätzt du die Zukunft der Bezahlmodelle im Journalismus ein und welche Trends beobachtest du?  

Im Hinblick auf Bezahlmodelle sind die Bedürfnisse der Nutzer wichtig, insbesondere Flexibilität und Unabhängigkeit. Das vereinen wir mit dem „Click & Read“-Modell. Ich halte es für wichtig, dass Verlage Alternativen zum Abonnement anbieten, die Nutzern einen niedrigeren Einstieg ermöglichen. Viele arbeiten mit dem Abonnement-Probemonat. Den haben wir abgeschafft, weil „Click & Read“ unser Einstiegsprodukt ist und wir daran beobachten können, ob Nutzer mit der Zeit zu Abonnement-Kunden werden und wir sie so weiter monetarisieren können.  

Ich bin persönlich davon überzeugt, dass Abonnements mit weiteren Vorteilen angereichert werden sollten. Für lokal ansässige Unternehmen wie uns ist das eine Chance, mit anderen lokalen Unternehmen Kooperationen einzugehen. Beispielsweise könnten Nutzer des Plus-Abonnements beim Bäcker um die Ecke 10 Prozent auf ihre Brötchen sparen oder Konzerte günstiger besuchen. Mit solchen Anreicherungen bieten wir unseren Nutzern nicht nur Vorteile, sondern können den Preis des Abonnements auch stärker rechtfertigen. Im Hinblick auf Trends sehe ich bei großen Verlagsgruppen die Tendenz zum Bundling. Attraktiv sind in diesem Fall Angebote, in denen mehrere Titel zum Vorteilspreis angeboten werden.  

Vielen Dank, lieber Tim, für deine Einblicke.  

Die digitale Transformation und Monetarisierung Ihrer Inhalte muss nicht kompliziert sein! Mit Purple als Ihre digitalen Publishing-Plattform können Sie Ihre Inhalte effektiv und gewinnbringend an Ihre Zielgruppe bringen. Gemeinsam mit unserem langjährigen Partner Plenigo bieten wir Ihnen die Möglichkeit, verschiedene Bezahlmodelle nahtlos zu implementieren.

Nutzen Sie die Chance und transformieren Sie Ihr digitales Angebot mit uns. Erleben Sie, wie einfach und erfolgreich digitale Publikation sein kann. Kontaktieren Sie uns noch heute und starten Sie Ihre Reise in die Zukunft des digitalen Publizierens mit Purple!

Nicht sicher, ob Purple zu Ihnen passt?

Oder Sie haben individuelle Anforderungen?
Wir beraten Sie gerne.
Kevin Kallenbach, Head of Sales, Purple
Kevin Kallenbach
Head of Sales

Other blog posts

Lesen Sie mehr inspirierende Erfolgsgeschichten