Wie Verlage mit User Needs Abonnementkonversionen fördern

Ninja Sinke

Zeit- und Ressourcenmangel in Redaktionen, Nachrichtenmüdigkeit und Unzufriedenheit der Leser – Verlage stehen heutzutage vor vielschichtigen Herausforderungen. Das Modell der User Needs erklärt, warum Menschen Nachrichten konsumieren. User Needs stellen für Verlage eine vielversprechende Anwendung dar, um die Inhalte zu erschaffen, die Leser interessieren, dabei die Leserbindung zu stärken und wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Für eine wachsende Anzahl an Menschen, insbesondere jüngere Generationen, reicht es nicht aus, von Nachrichten nur informiert zu werden. Sie fühlen sich von der Nachrichtenflut erschlagen und wünschen sich stattdessen Mehrwert, haben das Bedürfnis nach Verständnis oder Problemlösungsansätzen. Für Verlage ist dies eine große Herausforderung, zu der häufig Zeit- und Ressourcenmangel und ein erhöhter Workload dazukommen. Das Modell der User Needs verdeutlicht, warum Menschen Nachrichten konsumieren – und ist für Verlage daher von großem Interesse. Denn in der heutigen Zeit ist es besonders wichtig, zu verstehen, welche Geschichten und Themen für Zielgruppen von Interesse sind und zu Abonnementkonversionen, Seitenaufrufen, Engagement und mehr führen.  

Modell der User Needs: Hintergründe

User Needs sind die Bedürfnisse eines Nutzers an Nachrichten und beschreiben die Gründe, warum Menschen diese konsumieren. Zeitungen, die diese Bedürfnisse identifizieren und verstehen, können ihre Arbeitsweise und Inhaltsgestaltung anpassen und mit maßgeschneiderten Inhalten ihre Zielgruppe zufriedenstellend ansprechen.  

Das Modell der User Needs ist einfach und liefert aussagekräftige Erkenntnisse. Eingeführt wurde es 2016 durch den BBC World News Service.  

Die Bedürfnisse der Leser von Zeitungen orientieren sich an vier wesentlichen Faktoren:

Faktenorientiert: Leser informieren.

Was ist passiert, wann und wo ist es passiert? Mit faktenbasierten Inhalten sind Leser in der Lage, Information einzuordnen und einfach zu verstehen. Dieser Faktor wird als Basis journalistischer Arbeit überwiegend in Content-Strategien einbezogen, doch bei tatsächlicher Analyse der Nutzerbedürfnisse meist zu hoch bewertet.  

Kontextorientiert: Lesern etwas erklären.

Ein großes Problem ist heutzutage die Nachrichtenmüdigkeit vieler Leser, weshalb dieser Faktor äußerst hilfreich sein kann, um dem entgegenzuwirken. Leser wünschen sich mehr Kontext und Erklärungen, die mit diesen Inhalten geboten werden. Kontextorientierte Inhalte unterstützen Leser zudem, sich ihre eigene Meinung zu bilden.  

Emotionsorientiert: Leser bewegen.

Nachrichten, die das Leben der Leser bewegen, schaffen oft eine emotionale Bindung. Meist gelingt es Journalisten jedoch nicht, durch Storytelling Emotionen bei der Leserschaft zu wecken. Deswegen sollte der Fokus darauf liegen, Emotionen greifbarer zu machen. Redakteure sollten sich fragen, mit welcher Betrachtungsweise oder welcher Formulierung Emotionen für Leser deutlicher kommuniziert werden können.

Handlungsorientiert: Leser motivieren.

Handlungsorientierte Inhalte tragen ebenfalls dazu bei, der Nachrichtenmüdigkeit entgegenzuwirken. Menschen möchten Lösungen verstehen, um selbst handeln zu können. Mit dieser Art des Journalismus werden Leser mit anderen Menschen, Ideen oder konkreten Ereignissen verbunden.  

User Needs: Gründe, warum Menschen Nachrichten konsumieren  

Basierend auf den beschriebenen Faktoren liegt der Fokus meist auf sechs User Needs, mit denen journalistische Inhalte der Leserschaft und ihren Bedürfnissen nähergebracht werden.  

Update Me

Klassische, faktenorientierte Nachrichtenformate, die informieren, Fakten beinhalten und Fragen der Leser beantworten.  

Educate Me

Hintergrund- und Erklärstücke sind eines der wichtigsten User Needs. Sie bieten tiefere Einblicke in Zusammenhänge, die über klassische Nachrichtenformate hinausgehen und helfen Lesern, komplexe Themen besser zu verstehen. Damit erfüllen diese journalistischen Inhalte das Bedürfnis nach fundierten Informationen sowie Orientierung und bieten echten Mehrwert.

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Give me perspective

Diese Inhalte, dazu gehören Analysen und Kommentarstücke, ordnen Themen, Ereignisse und Entwicklungen besser ein und helfen der Leserschaft, komplexe Dinge zu verstehen. Sie erfüllen das Bedürfnis, sich kritisch mit einem Thema auseinanderzusetzen, indem sie Pro- und Contra-Argumente liefern oder aber eine Meinung zur Thematik darstellen.  

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Divert Me

Diese Formate sollen die Leser unterhalten und ihnen eine Ablenkung von negativen Nachrichten bieten. Mit lustigen, aufregenden oder unterhaltsamen Artikeln – leichter, ansprechender Lektüre – tragen sie zur ausgewogenen Mischung an Inhalten bei. Nachrichten müssen nicht immer ernst sein.  

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Inspire Me

Diese ermutigenden und lösungsorientierten Inhalte bieten der Leserschaft eine neue Perspektive, mit der Hoffnung und ein gutes Gefühl einhergehen. Gleichzeitig fördern sie lösungsorientiertes Denken und verringern das Gefühl der Ohnmacht mit konstruktiven Perspektiven. Texte dazu sind meist länger und enthalten viele Details, oftmals auch Fotos.  

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Help Me

Diese Inhalte sind handlungsorientiert und bieten Lesern einen Service. Sie beantworten konkrete Fragen und geben hilfreiche Tipps. Journalisten nehmen Leser an die Hand, zeigen ihnen, wie sie vorgehen können und zeigen klare Lösungen für Herausforderungen oder Probleme auf.  

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Anwendung der User Needs

User Needs verdeutlichen die Gründe, aus denen Leser journalistische Inhalte konsumieren. Um das Modell der User Needs anzuwenden und Inhalte nach ihnen auszurichten, müssen Redaktionen Daten analysieren und diese mit den Nutzerbedürfnissen kombinieren. So erhalten sie ein besseres Verständnis der Zielgruppen.  

Um User Needs anzuwenden, werden Artikel nach ihnen kategorisiert und ihre Performance eingeordnet, um eine Bewertung zu ermöglichen. Diese Bewertung zeigt, wie die bestehende redaktionelle Arbeit mit dem übereinstimmt, was die Leser interessiert und was sie daher tatsächlich konsumieren. Eine Mindestanzahl von 1.000 Artikeln ist notwendig, um eine statistische Aussagekraft zu erhalten. Abhängig vom Themenschwerpunkt ist es nicht immer notwendig, alle der sechs hier beschriebenen User Needs zu nutzen, das kann redaktionsabhängig angepasst werden.  

Ein verbessertes Verständnis der Interessen der Leserschaft hat sowohl Vorteile für Redaktionen als auch die Leser selbst. Die Leser haben ein verbessertes Nachrichtenerlebnis, während Redaktionen den wirtschaftlichen Erfolg steigern können. Gleichzeitig ermöglicht ein besseres Verständnis der Leserbedürfnisse Einsparungen finanzieller Ressourcen einer Redaktion, indem mit an User Needs angepassten Inhalten Leserzufriedenheit und -bindung geschaffen werden.  

Ein Experiment des Beratungsunternehmens FT Strategies der Financial Times zeigt bei drei verschiedenen britischen Verlagen, dass jeweils ein Missverhältnis zwischen der Ausgabe von Inhalten und den Interessen der Leserschaft an User Needs bestand. Übermäßig stark nutzen alle drei Verlage aktuelle Nachrichten zum User Need Update me, obwohl Kategorien wie Educate me deutlich höhere Seitenaufrufe und Verweildauern auf der Webseite zeigen.  

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Bei Verlag 3 des Experiments durch FT Strategies zeigt sich, dass Update Me deutlich zu stark genutzt wird, während Inhalte zum User Need Educate me zu wenig genutzt werden. Dazu kommt, dass 96 Prozent der Abonnements durch Inhalte generiert werden, die nicht dem User Need Update me entsprechen.

Warum Verlage zwischen Nachrichten und Journalismus unterscheiden sollten  

Amalie Nash, Newsroom Transformation Initiative Lead bei der INMA, zufolge sollten Verlage bei der Erstellung ihrer Inhalte darauf achten, ihren Fokus nicht ausschließlich auf Nachrichten, sondern vielmehr auf journalistische Inhalte zu verschieben. Sie argumentiert, dass Nachrichten und Journalismus in der Branche oft synonym verwendet werden – obwohl es sich dabei nicht um das Gleiche handelt. Eine veränderte Betrachtungsweise könnte daher ein weiterer Schritt sein, besser auf die Bedürfnisse der Nutzer einzugehen.

Bei einem von der INMA veranstalteten CEO-Roundtable im August 2024 mit 50 Führungskräften der Medienbranche wurde über die Unterschiede zwischen Journalismus und Nachrichten diskutiert. Dabei stellten sich deutliche Unterschiede heraus. Amalie Nash beschreibt die Diskrepanz: Verlage gehen nach dem Verständnis vor, dass Nutzer ständig aktualisierte Nachrichten wollen. Analysieren sie jedoch die tatsächlichen User Needs, stellen sie fest, dass Nutzer Kontext und Lösungen wollen und zudem das Verständnis darüber, wie sich Nachrichten auf ihr Leben auswirken.  

Amalie Nash argumentiert zudem, dass Journalismus zu oft bei der reinen Nachricht und Fakten dazu, was passiert ist, verbleibt. Warum etwas passiert ist und wie sich diese Dinge auf das Leben der Menschen auswirken, wird meist nicht dargestellt. Doch genau diese journalistischen Inhalte interessieren eine Großzahl der Leser, wie die Analyse der User Needs zeigt.  

Mediahuis Noord fördert mit der Anwendung von User Needs Abonnementkonversionen

Auf der INMA Media Innovation Week 2024 in Helsinki stellte Alwin Wubs, Redaktions-Analyst bei Mediahuis Noord vor, wie der Verlag mit der Nutzung von Daten in Kombination mit der Anwendung des Modells User Needs die Leserzufriedenheit steigert und Abonnements fördert.  

Wubs veranschaulichte in seinem Vortrag, wie Verlage Eilmeldungen und sich entwickelnde Nachrichten nutzen können, um Echtzeitdaten zu User Needs zu sammeln – und Inhalte erfolgreich anzupassen. Nach einer Sondermeldung zu einem Doppelmord verzeichnete Mediahuis Noord zwar einen starken Anstieg an Seitenaufrufen und Sessions per User, gleichzeitig jedoch auch einen Abfall der durchschnittlichen Verweildauer auf dem Artikel.    

Um dem entgegenzuwirken, wurden die weiteren Artikel zum Thema angepasst. Anstatt alle Artikel hinter der Paywall unzugänglich zu machen, wurden in einem frei zugänglichen, regelmäßig aktualisierten und prominent platzierten Artikel alle Fakten zur Verfügung gestellt – und so das primäre Bedürfnis Update me erfüllt. Basierend auf Informationen zu den User Needs der Leser wurden weitere Anpassungen vorgenommen. Um die Leser als Abonnementen zu gewinnen, wurden Links zu Paid Artikeln eingefügt, die alle vorhandenen Informationen enthielten und neben dem Bedürfnis Update me darüber hinaus auch das Bedürfnis Give Me Perspektive erfüllten.  

Acht Artikel wurden insgesamt zu Update Me und vier Artikel zu Give me perspective veröffentlicht. Mediahuis Noord verzeichnete daraufhin eine signifikante Zunahme von Abonnements und konnte mithilfe der Daten zu User Needs erfolgreich die Inhalte anpassen.

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Präsentation Alwin Wubs, Mediahuis Noord, INMA Helsinki 2024

User Needs nutzen, um wirtschaftliche Ziele zu fördern

Das Modell der User Needs bietet Verlagen eine wertvolle Möglichkeit, ihre Inhalte gezielt an den Bedürfnissen der Leser auszurichten und damit sowohl die Leserzufriedenheit als auch die Abonnementzahlen zu steigern. User Needs sind ein Teil der fünf Komponenten für den digitalen Erfolg von Verlagen. Die sechs zentralen User Needs verdeutlichen, dass es nicht ausreicht, ausschließlich faktenbasierte Nachrichten zu liefern. Vielmehr sollten Verlage die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Zielgruppen berücksichtigen, um eine nachhaltige Bindung aufzubauen, Nachrichtenmüdigkeit entgegenzuwirken und so auch Abonnementkonversionen zu fördern.  

Das Beispiel von Mediahuis Noord zeigt, wie durch die Anwendung des Modells konkrete Erfolge erzielt werden können. Indem der Verlag seine Inhalte an Echtzeitdaten und die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse anpasst, kann Mediahuis Noord nicht nur die Verweildauer der Leser steigern, sondern auch gezielt Abonnements generieren. Dies verdeutlicht die Bedeutung einer datengetriebenen, nutzerzentrierten Content-Strategie im modernen Journalismus.  

Insgesamt zeigt das Modell der User Needs, dass Verlage durch ein besseres Verständnis ihrer Leser nicht nur ihre Reichweite und ihren Einfluss, sondern auch ihre wirtschaftlichen Ziele effektiv fördern können.  

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