Überleben im Zeitalter des digitalen Wandels: Strategien, Taktiken und Chancen für regionale Zeitungsverlage

Gundel Henke

Das Warten auf bessere Zeiten ist für Zeitungsverlage keine Option. Der digitale Wandel und der demografische Wandel werden das Geschäft in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Deshalb kommt es jetzt darauf an, sich der Zukunft zuzuwenden und neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Das war die klare Botschaft von Dr. Christoph Mayer in unserem Webinar zum Thema “Digitaler Wandel oder Untergang: Wie Tageszeitungen den Digital Change erfolgreich meistern”. Dr. Christoph Mayer, Partner bei der auf Medien spezialisierten Unternehmensberatung SCHICKLER, sprach im Webinar mit Stephan Heck, Mitgründer und Geschäftsführer von Purple.  
 

In diesem Artikel erfahren Sie, wie sich die Lage der Zeitungsverlage gegenwärtig und in den kommenden Jahren darstellt. Daraus ergeben sich Handlungsmöglichkeiten, Strategien und Taktiken, mit denen Zeitungshäuser die Entwicklung meistern können.  
 

Der alte Status quo und die kommende Zukunft: Vor welchen Herausforderungen steht die Zeitungsbranche?  
 
Dr. Christoph Mayer analysierte in seinem Impulsvortrag zunächst die Situation von Zeitungsverlagen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. In den vergangenen Jahren sind die Printauflagen meist gleichmäßig und nur leicht zurückgegangen. In der Regel “zwischen ein bis fünf Prozent” pro Jahr. Daran konnten sich Zeitungshäuser noch anpassen. Sie erhöhten die Preise und konnten weiter wachsende Vertriebserlöse erzielen.  


Dieser Weg dürfte bald ausgereizt sein. Erstens lassen sich Preiserhöhungen nicht unendlich am Markt durchsetzen. Der zweite, dramatischere Grund ist in der Altersstruktur der Abonnenten zu finden.  

Ein gefährlicher Kreislauf

"Die Printabonnenten sind deutlich überaltert", sagte Dr. Christoph Mayer. In den nächsten fünf bis zehn Jahren stünden 40 Prozent der Print-Abos “im Feuer”. Damit kommt ein Kreislauf in Gang: Die Printauflage sinkt, die Erlöse sinken, die Zustelldichte nimmt ab, Bezirke werden unwirtschaftlich. Die Verlage sind gezwungen, diese Bezirke abzuschalten, weil sich verbliebene Abonnenten nicht mehr wirtschaftlich beliefern lassen.  

 

“Dieser Kreislauf”, so Mayer, “werde in den nächsten Jahren dramatische Auswirkungen auf das Printgeschäft haben.” Seit zwei Jahren melden einige Verlage sinkende Verkaufserlöse. Das ist die neue Situation. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren verschärfen. Die Abonnentenzahlen nehmen weiter ab. Dr. Christoph Mayer verwendet das Bild von einem “Strömungsabriss”, der dazu führe, dass Print unwirtschaftlich wird. Laut Dr. Christoph Mayer würden einige Titel an diesen Punkt früher, andere etwas später kommen, doch alles spiele sich in einem Zeitfenster von fünf bis zehn Jahren ab.  

Mayer erklärte das am Beispiel von Verlagen aus verschiedenen Regionen und der Entwicklung ihrer Abonnentenzahlen seit 1995. Seine Prognose lässt sich an einem Titel aus der Region Südwestdeutschland verdeutlichen. Die Zahl der Printabonnenten sank von knapp 160.000 im Jahr 1995 auf heute rund 90.000. Je nach Szenario könnte diese Zahl bis zum Jahr 2030 auf 40.000 oder sogar 20.000 Printabonnenten fallen. Eine hohe Auflage bedeute in der Regel, dass ein großes Gebiet zu beliefern sei. "Geht die Auflage zurück, dünnt sich das Gebiet in der Fläche aus", so Mayer. "Die Zustellung wird dadurch immer teurer." Und dann schlicht unwirtschaftlich.  

Diese Entwicklung kann einem das Gruseln beibringen. Die Frage ist: Wo möchte ich eigentlich hin? Wenn Print unwirtschaftlich wird, wie sieht ein Unternehmen, ein regionaler Verlag aus, der rein digital arbeitet?

Die Transformation findet nicht auf Knopfdruck statt - wie lässt sich digital Reichweite gewinnen und gleichzeitig Print managen?

Nimmt man die durchschnittliche Kostenstruktur eines durch Print geprägten regionales Zeitungsverlags unter die Lupe und stellt ihr die Kostenstruktur eines Verlags gegenüber, der ganz auf das Digitale setzt, sieht die Umstellung auf das Digitale zunächst vielversprechend aus. Der größte Kostenteil, nämlich Vertrieb, vor allem Zustellung, und Herstellung, fallen weg.  

 

Es wäre schön, wenn sich das Problem so einfach lösen ließe. Doch das ist gegenwärtig Wunschdenken. Denn zunächst brauchen Verlagshäuser eine entsprechend hohe Dichte von digitalen Abos, bevor sie umstellen können. Von diesem Ziel sind sie weit entfernt. Aktuell haben Verlagshäuser etwa ein Viertel bis ein Drittel der benötigten Abonnenten, um digital wirtschaftlich arbeiten zu können.  

 

Ein Zeitungshaus muss also in das Digitale hineinwachsen und gleichzeitig das alte Printgeschäft managen. Die Transformation wird die gesamte Organisation beanspruchen. Die Lern- und Veränderungsphase muss jetzt eingeleitet werden, um neue Prozesse und Technik aufzubauen. Nur dann können Verlage rechtzeitig genug im digitalen Abowachstum sein, bevor das Printgeschäft wegbricht.  

“Jetzt, 2024, 2025, ist die Zeit, wo ich die Veränderung massiv vorantreiben muss”, sagt Christoph Mayer.

Verlieren Verlage diese Zeit, sind sie später gezwungen auf Rücklagen zurückzugreifen.

Eine der Herausforderungen ist, die Printabonnenten mit dem digitalen Produkt vertraut zu machen und dabei herauszufinden, welches Produkt sich Leserinnen und Leser wirklich wünschen. Das ist noch nicht klar. Es lässt sich allerdings festhalten, dass sich Leserbindung und Wert des digitalen Produkts deutlich unterscheiden von einem herkömmlichen Printprodukt. Print lässt sich nicht einfach in das Digitale übertragen. Im Digitalen hat mitunter ein Artikel für die Nutzer einen höheren Wert als die gesamte Zeitung, weil es ein Thema ist, das Lesende anderswo nicht bekommen.  

 

Neues Denken: Von Digital first zu Print last und was das wirklich bedeutet

Derzeit arbeiten viele Verlagshäuser noch nach einem Prinzip, bei dem die Printausgabe vorgibt, wie das digitale Produkt am Ende aussieht. Geschrieben wird oft für die gedruckte Zeitung. Das beschränkt nicht nur die Länge der Artikel, sondern auch den Zeitpunkt, an dem sie veröffentlicht werden.  

 

Mayer schlägt hier einen anderen Ansatz vor, in dessen Mittelpunkt der “Pure Digital Newsroom” steht. Dort werde in Themen statt in Seiten gedacht. Die Länge eines Artikels richte sich nach dem Thema, im Idealfall nach den Informationsbedürfnissen der Leserinnen. Im digitalen Newsroom gibt es nicht mehr nur eine Deadline für eine Seite, die zu einem bestimmten Tageszeitpunkt in Druck gehen muss, sondern mehrere am Tag. Die gedruckte Zeitung selbst werde aus der digitalen Produktion heraus gesteuert.  

 

Für den Erfolg im Digitalen gibt es weitere wichtige Komponenten. Online müssen Inhalte anders geschrieben werden und sich stärker an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren. Morgens und abends besteht eine größere Aufnahmebereitschaft für Themen, die nicht nur durch Aktualität bestimmt sind. Das sollte sich auf die Gestaltung der Produkte auswirken. Newsletter und Personalisierung bieten viele Stellschrauben, um Inhalte sichtbar zu machen, die sonst leicht untergehen. Und die Unterstützung durch künstliche Intelligenz hilft, neue Texte und Formate aus bereits produzierten Inhalten zu entwickeln. Algorithmen können entwickelt werden, um die Automation der gedruckten Zeitung voranzutreiben, ohne digitale Inhalte erneut umschreiben oder bearbeiten zu müssen oder doch wieder für die Zeitung zuerst zu schreiben.  

In die Zukunft nach Print

Die Produktion für das Digitale bietet viele neue Möglichkeiten jenseits der Beschränkungen der gedruckten Zeitung. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen die Nutzerinnen und Nutzer und ihre Bedürfnisse. “Die Menschen möchten verstehen, sie möchten Zusammenhänge verstehen, sie möchten Hintergründe”, sagt Mayer. Das bringe eine Verschiebung von der reinen Aktualität und Terminjournalismus hin zu Geschichten, die dabei helfen, einzuordnen oder zu inspirieren.  

 

Im Digitalen nimmt deshalb die Bedeutung der klassischen Berichterstattung ab. Redaktionsabläufe verändert das nachhaltig. Um die notwendige Aktualität zu gewährleisten, entstehen zum Beispiel Breaking News Teams, während andere Themen jenseits der reinen Aktualität produziert werden und mitunter Tage vor der Publikation fertig sind.  

E-Paper und Digital Edition als Brücken zum digitalen Abo

Auf dem Weg in die digitale Zukunft der Verlage bleibt das E-Paper ein wichtiges Instrument. E-Paper sind für Printleser oft der erste Schritt und gewöhnen sie an die Nutzung eines digitalen Produkts. Christoph Mayer empfiehlt deshalb, den Printabonnenten immer einen Zugang zum E-Paper zu Verfügung zu stellen. Das macht die Umstellung nach einem möglichen Wegfall der Printausgabe leichter.  

 

Dabei weisen E-Paper enorme Wachstumsraten vor und das bei einer überschaubaren Investition. Außerdem helfen sie dabei neue Wege zu gehen - bis hin zu einer Entwicklung einer Digital Edition wie Purple sie neben vielen E-Papers anbietet.  

 

Da mobile Endgeräte heute die Hauptnutzungsquellen für digitale Angebote sind, ist ein E-Paper mit einem Print-Layout dafür nicht die beste Darreichungsform. Digitale Editionen sind eine neue Art von Produkt, das NutzerInnen in einer Welt der Überfülle an Informationen Orientierung bieten kann.  

Chancen liegen auf dem Land

In der digitalen Zukunft entfällt das Problem der Zustellung in ländlichen Regionen. Das Angebot von digitalen Produkten für ländliche Regionen bietet damit enorme Wachstumschancen für die Verlage. Sie können sich dort als relevante Medien etablieren und den Menschen Informationen liefern, die sie nicht schon aus anderen Quellen kennen.

Fazit  

Regionale Zeitungsverlage stehen vor bedeutenden Herausforderungen durch den digitalen und demografischen Wandel.  Zeitungsverlage müssen neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln. Mit sinkenden Printabonnentenzahlen und steigenden Zustellkosten wird Print unwirtschaftlich. Die Transformation hin zu digitalen Modellen muss jetzt eingeleitet werden, um rechtzeitig eine ausreichende Anzahl digitaler Abonnements zu erreichen. Die erfolgreiche digitale Transformation beinhaltet auch neue Herangehensweisen an redaktionelle Prozesse und eine stärkere Fokussierung auf die Bedürfnisse der Nutzer.  

Purple unterstützt Verlage auf ihrem Weg in die digitale Zukunft. Mit Purple veröffentlichen Sie ihre Artikel nicht nur auf performanten Webseiten und in Apps, sondern auch als E-Paper und in den sozialen Medien. Purple ist Ihr Begleiter auf dem Weg zur digitalen Transformation.    

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Kevin Kallenbach, Head of Sales, Purple
Kevin Kallenbach
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