May 12, 2021

Audience Development Deep Dive mit „We Like Mags“

1. Folge Audience Development

Im Gespräch mit Peter Dyllick-Brenzinger, Head of Product (Editorial) bei Axel Springer National Media & Tech

Wer als Zeitungsmacher:in in der digitalen Welt überleben will, muss der Leserschaft, oder besser gesagt den User:innen mehr liefern als investigativen Journalismus oder Service-Angebote. Zeitungsverlage und Journalisten sind gezwungen, auf das zu hören, was ihre User:innen tatsächlich bewegt und was sie wollen. Zielgruppen müssen kennengelernt und erfasst werden, damit die Inhalte passgenau sind, User*innen ans Medium gebunden und im idealen Fall zu dauerhaften Kund:innen werden. Eine Herausforderung, der sich Verlage weltweit stellen müssen, große wie kleine.


Der Axel-Springer-Verlag hat mit BILD vor fast zehn Jahren einen digitalen Change-Prozess angestoßen, damals noch unter dem damaligen Chefredakteur Kai Diekmann. Doch wie sieht es heute aus? Wie haben sich die Veränderungsprozesse seither entwickelt?

Womit kämpfen heute Redakteure und vor allem jene, die für das Audience Development maßgeblich verantwortlich sind.

Peter Dyllick-Brenzinger ist Head of Product (Editorial) bei Axel Springer National Media & Tech. Er will den Digitalredaktionen von „Bild“ und „Welt“ Superkräfte verleihen. Dabei scheut er auch nicht den Blick nach außen, lässt sich inspirieren von Washington Post oder Vox Media, betreibt Marktanalyse und begibt sich innerhalb seines Netzwerks auch in den Austausch.


Gleichzeitig träumt er davon, mit der Entwicklung von Tools, Redakteuren und Journalisten die Freiheit zurückzugeben und sich darauf zu konzentrieren, was Journalismus ausmacht: gründliche Recherchen, Schreiben von Geschichten.

Das erwartet Sie in dieser Folge

Transkript

Christian Kallenberg [00:00:02]:

Willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer zur ersten Folge des Audience Development Deep Dives von SPRYLAB Technologies und We Like Mags. Ganz kurz: Worum geht es hier überhaupt? Sie kennen den We Like Mags Podcast von mir, Christian Kallenberg, vielleicht als B2B-Format, in dem Entscheider*innen und Entscheider über sich und ihre Arbeit in der Verlagsbranche sprechen. Einer meiner ersten Gesprächspartner in diesem Podcast war Benjamin Kolb, Geschäftsführer von SPRYLAB Technologies, mit dem ich unter anderem eben über Audience Development gesprochen hatte und der mir jetzt gegenübersitzt. Hallo, Benni.

Benjamin Kolb [00:00:39]:

Hallo, Christian. Ganz genau. Damals, am Ende unseres Gesprächs, hatten wir ja auch beide das Gefühl, eigentlich ist hier noch längst nicht alles gesagt. Deswegen haben wir beschlossen, dem Thema Audience Development ein Serienspecial zu widmen, in dem wir gemeinsam Gesprächsgäste zu den verschiedenen Aspekten dieser immer wichtiger werdenden Themen interviewen.

Christian Kallenberg [00:01:01]:

Jawohl, und bevor es jetzt damit losgeht: Benni, sag doch noch mal in ein, zwei Sätzen, wie wir Audience Development eigentlich definieren, damit alle Hörerinnen und Hörer natürlich wissen, was sie hier in den nächsten Minuten so erwartet.

Benjamin Kolb [00:01:16]:

Ich will es gerne versuchen. Das Audience Development im Kontext der Verlage ist ja analog zu dem Audience Development für andere Produkte und Marken im Prinzip an der Conversion in das eigentliche Geschäftsmodell erklärbar, das heißt von Awareness, Neukundengewinnung über bekannte digitale Wege wie Suchmaschinenoptimierung und Marketing bis hin zu dem Thema der Kundenbindung, Engagement, Loyalty erzeugen in die Conversion des Geschäftsmodells, das heißt Paid Content bei Verlagen, Advertising bei Verlagen oder auch die Partizipation von Erlösen Dritter über die Marke, also zum Beispiel eigene Produkte oder Kooperationen. Audience Development im Umfeld der Verlage ist also ziemlich weitreichend und vielfältig, ein großer Themenkomplex, aus dem wir uns mit unseren Gästen einzelne Themen in denen sie Spezialisten sind, herauspicken wollen und mit diesen in ansprechender Tiefe einzelne Themen diskutieren wollen. Natürlich wollen wir unsere Gäste auch persönlich vorstellen und ein wenig über ihr Leben und ihre Interessen außerhalb der Verlagswelt erfahren.

Christian Kallenberg [00:02:18]:

Oha, ich sehe schon, das wird ein dickes Programm. Dann fangen wir doch jetzt einfach mal an. Los geht es. Heute unser Gast: Peter Dyllick-Brenzinger, Head of Product Editorial bei der Axel Springer NNT. Hallo, Peter.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:02:33]:

Hallo.

Benjamin Kolb [00:02:34]:

Hallo, Peter.

Christian Kallenberg [00:02:35]:

Peter, das ist natürlich ein super klingender Titel, die Jobbezeichnung. Was machst du den ganzen Tag?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:02:41]:

Ich kümmere mich um alle Produkte, die wir quasi einkaufen und selber bauen für unsere Digitalredaktion, und da vornehmlich die BILD und die WELT natürlich als große Marken, aber auch die kleineren dann am Schluss konkret die UX. Das sind so Content Verticals, oder auch unsere Kollegen in Hamburg, mit denen wir noch nicht viel zusammenarbeiten, aber das soll dann noch werden. Und im Kern von diesen Tools, die wir da machen, ist es eigentlich ein CMS und dann ganz viele Tools drumherum und dazu gehören auch so was wie Analytics Tools oder auch so smarte kleine Bots oder Assistenzsysteme. Genau und vielleicht ganz kurz: Also unser Anspruch ist es, unseren Redaktionen eigentlich am Schluss irgendwie Superkräfte zu verleihen im besten Fall. Natürlich ist da auch viel Schwarzbrot dabei, also viele Dinge, die einfach so das Alltägliche abbilden, aber eigentlich wollen wir quasi mit unserer Arbeit den Kollegen und Kolleginnen in den Redaktionen echt einen Vorteil bieten im Wettbewerb.

Christian Kallenberg [00:03:36]:

Okay. Jetzt hast du gerade schon die Kollegen in den Redaktionen angesprochen. Da würde mich jetzt interessieren: Wie wichtig oder wie eng arbeitet ihr mit denen zusammen? Wie wichtig ist der Austausch mit den Journalisten, nenne ich sie jetzt mal?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:03:48]:

Quasi entscheidend. Also das ist für uns eigentlich auch der entscheidende Vorteil, dass wir eben genau diesen Zugang haben. Also wir können jetzt im Neubau, wo wir jetzt gerade umgezogen sind – also wären wir jetzt im Büro, wären wir jetzt in dem neuen Gebäude – können wir einfach irgendwie im Fahrstuhl zu den WELT-Kollegen fahren, wir können einmal kurz über die Straße laufen zu den BILD-Kollegen und mit denen sprechen. Wir haben auch viele Kontakte laufend, also wir haben auch viele Regeltermine und wir versuchen auch eben ständig mit unserer Arbeit, das immer in einem modernen Produktentwicklungsprozess einfach dann auch immer zu testen, also unsere Probleme und Hypothesen zu testen, unsere Lösungshypothesen zu testen entsprechend und sind da im engen Austausch.

Christian Kallenberg [00:04:25]:

Okay, an welchen KPIs misst sich deine Arbeit? Also wann sagst du: „Heute war ein richtig erfolgreicher Tag für mich“?

Peter Dyllick–Brenzinger [00:04:32]:

Ja, das ist tatsächlich gar nicht so leicht. Also wir sind da tatsächlich immer noch in der Diskussion, wie wir das genau greifen, weil im Kern sind wir natürlich wie ganz viele andere, also IT-Aktionen in einem Konzernkontext. Lassen wir uns von Produktivität leiten? Und Produktivität ist ja immer so ein bisschen schwierig zu messen, gerade in so einem schöpfenden Umfeld wie dem Journalismus, weil natürlich könnte man jetzt ganz stumpf sagen: „Wir gucken einfach, wie viele Artikel am Tag oder wie viele Videos am Tag jetzt mit den Tools von uns irgendwie produziert wurden“, und dann ist alles toll. Also wir könnten jetzt uns anschauen, eigentlich: „Heute haben sie 500 Artikel geschrieben.“ Das ist ja die große Herausforderung, dass wir meistens immer erst danach wissen, was die Richtigen waren, also zumindest oft ist es so. Also was wir auf jeden Fall betrachten, sind eben quasi Effizienzmetriken. Die sehen wir schon, also, dass wir quasi gucken: Wie schnell kommen die Leute durch die Prozesse, die wir da aufsetzen? So einen Online-Publikationsprozess kann man so im weitesten Sinne mit so einem Checkout-Prozess irgendwie auch vergleichen. Also da gibt es einfach bestimmte Schritte und jeden Schritt, den wir da rausnehmen, ist besser, also einfach tatsächlich Schrittigkeit. Das ist was, was wir uns auf jeden Fall anschauen, und dann arbeiten wir schon auch mit den Kollegen zusammen, dann eher im Analytics Kontext an den klassischen Online-Publishing-Metriken, also Reichweite, Abos, gekaufte Abos und solche Themen.

Christian Kallenberg [00:05:49]:

Peter, gibt es bei deiner Arbeit auch internationale Vorbilder oder internationale Referenzen? Schaut ihr euch an: Was machen die New York Times oder die Washington Post in den Bereichen, oder seid ihr fokussiert auf eure eigene Arbeit und kuckt nicht so wahnsinnig, was in anderen Ländern geht?  

Peter Dyllick-Brenzinger [00:06:05]:

Nein, wir sind auf jeden Fall quasi immer am Schauen, was passiert, was wer macht. Wir haben ja vor inzwischen fast fünf Jahren eben auch entschieden, dieses eigene System zu bauen, und das war nicht ohne Grund auch irgendwie inspiriert von Leuten, wie eben der Washington Post mit Arc oder auch Vox Media mit Chorus oder auch jetzt ganz konkret bei uns im Haus Business Insider, die damals auch schon was Eigenes gebaut haben. Wir haben sehr, sehr viel den Markt angeschaut und sind nach wie vor dabei, den Markt anzuschauen, auch wenn es natürlich immer schwierig ist, da quasi wirklich hinter die Kulissen zu gucken. Wir haben aber auch ein bisschen Netzwerk, also Leute, mit denen wir auch einfach in gutem Austausch sind und schauen da schon auch immer, was quasi möglich ist und sinnvoll.

Benjamin Kolb [00:06:48]:

Genau, bei unserer Podcastfolge hier geht es ja jetzt auch um das Thema Audience Development, deswegen würde mich an der Stelle auch noch mal interessieren: In euren ganzen Tools, die ihr jetzt der Redaktion anbietet, wie viel dreht sich da auch um das Thema Engagement, Loyalty? Was für Tools bietet ihr der Redaktion an, um die Zielgruppe enger zu binden?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:07:06]:

Also wir haben eine ganze Reihe von Tools. Also wir haben quasi ein Team, was sich ausschließlich um ebenso Intelligence– und Analytics-Themen kümmert. Wir nennen es gerne eben auch „Actionable Insights“, weil das ist was, was mir total wichtig ist. Oder was sich auch als total wertvoll rausgestellt hat, ist, dass wir wegkommen von so klassischen Dashboard Ansichten und eben hin zu tatsächlich intelligenten Assistenten oder auch quasi Dashboards, die eben nicht nur die Zahlen darstellen, sondern auch ganz viel Kontext bieten, damit man eben nicht so einen großen Schritt machen muss im Kopf, um daraus irgendwie wirklich direkt was zu ziehen. Aber das heißt, dass wir konkret eben auch eine Realtime Analytics haben, die auf Adobe Daten basiert und dann quasi auf diesen Daten weiterführend eben eine ganze Reihe von Slackbots. Das ist was, was sich bei der BILD enorm bewährt hat und was wir inzwischen auch bei der WELT sehr erfolgreich einsetzen, wo wir eben aus diesen Daten dann quasi wie so kleine Tipps machen, die dann über die bestehenden Kommunikationswege, also in dem Fall dann eben Slack, auch irgendwie direkt in die Redaktion kommen und dann eben über so eigene Channel quasi passieren. Und das ist eben auch was, was relativ viele Reichweitenaspekte betrifft und dann quasi in der Plus-Ausprägung – also wir wollen ja immer gerne noch Abos verkaufen – auch ganz viel mit Engagement zu tun hat.

Benjamin Kolb [00:08:25]:

Ja. Jetzt ist die BILD wahrscheinlich auch eine der am schnellsten (sich) drehenden Redaktionen in Deutschland. Da ist es natürlich wahrscheinlich auch von zentraler Bedeutung, dass so Realtime Daten auch zu Realtime Aktionen in der Redaktion führen, nehme ich mal an. Gibt es da tatsächlich so Mechanismen, dass darauf reagiert wird, was eure Analytics sagen direkt, oder ist das noch Zukunftsmusik?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:08:43]:

Also wir haben verschiedene Bots, also hochtrabend könnte man jetzt „KI“ sagen, tatsächlich sind es einfach relativ solide statistische Modelle. Also das ist dann schon irgendwie Machine Learning, aber es ist jetzt kein Deep Learning in dem Sinne, wo wir Dinge vorhersagen. Also Vorhersagen sind ja dann auch wieder – das ist quasi technisch richtig, aber es ist vielleicht ein bisschen irreführend. Also wir haben Modelle, die uns erklären oder die uns sagen, wie wir bestimmte Sachen zu interpretieren haben, also die quasi auf Daten, die wir schnell messen können, die wir sofort haben, sagen können, wie wir jetzt dadrauf am besten reagieren sollten. Und das machen wir tatsächlich auch sehr erfolgreich. Also das ist was, was als enorme Hilfe gesehen wird. Das machen wir sowohl bei Reichweiten als auch bei Abos. Und das ist was, was sich total bewährt hat und auch gerade – und das fand ich jetzt ein wirklich tolles Learning auch für uns – gerade eben nicht die abgefahrenen, neusten, tollsten Modelle jetzt im Data-Science-Kontext, sondern wirklich ebenso die solide Statistik – also ich bin Sozialwissenschaftler, ich habe das auch mal alles gehört irgendwann, irgendwie so an der Uni gelernt – weil die eben erklärbar sind. Und wenn man dann am Schluss so ein Modell berechnet und eine Vorhersage hat und dann am Schluss sagen kann: „Ja, das sind die Zahlen. Wenn du an denen was schraubst, dann schraubst du die größere Zahl, und das können wir dir zeigen und das funktioniert auch wirklich so“, und dann die Redaktion auch erlebt, diese Zahl zu bewegen, geht gut und das funktioniert wirklich genauso, wie wir es sagen, weil da wirklich ein starker Zusammenhang ist. Und zum Teil gerade bei den Reichweitensachen sehen wir in den Modellen enorme Zusammenhänge, was auch alles nicht überraschend ist, aber wenn man das dann irgendwie so nachrechnet und dann so zeigt und man wirklich so eine Mechanik hat, dann ist das auch echt motivierend. Also das erleben wir mit den Kollegen so, dass die da echt Spaß dran auch haben, an diesen Schrauben zu drehen, irgendwie so mit ihrer Arbeit.

Benjamin Kolb [00:10:31]:

Ja, das ist natürlich ein superspannendes Thema. Jetzt ist natürlich die Frage für mich: Wenn man an bestimmten Stellschrauben dreht und der Redaktion damit zeigen kann, dass man bestimmte Zahlen bewegt, gibt es denn da bei euch auch Vergleichswerte? Also macht ihr so A/B-Tests, wo ihr sagt: „Wenn ihr an den Stellschrauben dreht, dann seht ihr, dass es hier besser funktioniert tatsächlich als auf der anderen Seite, wo ihr nicht dran gedreht habt“? Also seid ihr so weit, dass ihr quasi vergleichende Tests macht, die genau das beweisen, dass eure Prediction Modelle im Prinzip bessere Ergebnisse liefern?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:10:58]:

Nein. Also tatsächlich aber auch, weil es zum Teil einfach gar nicht geht. Also gerade zum Beispiel bei den Reichweiten-Themen, da reden wir eigentlich dann relativ schnell relativ viel über Search und da geht einfach kein A/B-Test. Also das kann man vergessen. Das interessiert Google halt dann nicht mehr. Und dann auf der anderen Seite bei den Plus-Themen, da sind wir dabei, eine entsprechende Infrastruktur herzustellen, aber das ist eben auch alles nicht so ganz trivial, wenn man irgendwie so viel Traffic hat wie die BILD. Und auch da wäre ich jetzt skeptisch. Also da hat man dann wieder ein anderes Problem in dem Plus-Kontext, weil auch wenn wir natürlich mit BILD und auch WELT wirklich gut Abos verkaufen und auch viele neue Kunden jeden Tag gewinnen können, sind die absoluten Zahlen dann natürlich nicht so, dass man da wirklich supersignifikante Ergebnisse bei so einem A/B-Test hinkriegen würde. Und dann ist man quasi wieder in so einem Bereich, wo man eigentlich eher so Proxy-Metriken braucht, und dann wird es wieder echt ziemlich shaky. Also da sind wir dran. Das ist schon auch ein wichtiger Aspekt, aber das ist halt echt nicht so trivial.

Benjamin Kolb [00:12:02]:

Ja. Wo wir gerade noch bei großen Datenmengen sind, ist natürlich heutzutage im Zeitalter der Data Privacy natürlich immer die Frage: Wie wirkt sich eigentlich dieses ganze Consent-Thema aus auf die Tools und Methoden und die Analytics, die ihr eigentlich als Basis nehmt? Verändert sich dadurch bei euch was? Habt ihr immer noch genügend Daten, die euch Kunden überlassen? Hat es sich sogar verbessert, weil alle nur noch „Zustimmen“ klicken, oder wie wirkt sich das aus? Also wie geht das in der Praxis?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:12:27]:

Ja, das sehen wir auf jeden Fall und das ist leider nicht positiv. Also wobei auf der anderen Seite: Als Bürger gesprochen ist es natürlich mehr Datenschutz, insofern als deutscher Bürger finde ich es gar nicht so schlecht, aber jetzt bei der Arbeit ist es tatsächlich schon ein Thema, dass wir eben bei dem „normalen Tracking“ einfach quasi jetzt schon erhebliche Einbußen haben. Also das Problem ist an der Stelle: Wir arbeiten jetzt einfach weiter mit dem, was wir haben. Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig, aber es ist natürlich schon so, dass wir jetzt eigentlich auch da nicht wirklich wissen, ob das nicht eine Verzerrung ist, also beziehungsweise wir wissen eigentlich relativ genau, dass die Zahl als solche sich jetzt anders verhält. Das sehen wir auf jeden Fall. Auf der anderen Seite, was natürlich dann wieder ein Vorteil ist: In dem Moment, in dem wir ein Abo verkaufen, das wissen wir natürlich, dass wir ein Abo verkaufen, insofern ist die Zahl fix, weil da natürlich in dem Moment, in dem der Kaufabschluss ist, haben wir eine Buchung irgendwie in unseren Warenwirtschaftssystemen. Also da ist ja dann auch klar, weil das ein Vertragsabschluss ist, dass wir das auch festhalten können, insofern ist das als eine der wichtigsten Währungen für uns natürlich zum Glück jetzt quasi: Sauber messen.

Benjamin Kolb [00:13:31]:

Vielleicht noch eine Detailfrage dazu: Gerade wenn man so in Kohorten und Segmenten denkt, dann kann man durch solche Analytics Tools ja oft das Gefühl haben, dass man da irgendwie der Wahrheit ins Auge blickt, aber wenn man sich jetzt überlegt, dass es vielleicht auch eben segmentabhängig ist, ob die Leute überhaupt ihre Zustimmung zu so einem Consent geben, und dass vielleicht manche Zielgruppen anders machen als andere. Wie geht ihr mit so einer Verzerrung um? Gar nicht oder versucht ihr, das irgendwie einzupreisen?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:13:53]:

Nein, gar nicht. Also da muss man auch dazusagen, dass wir eigentlich nur die Echtzeitbetrachtung machen und die historische Betrachtung machen noch mal andere Kollegen, auch in einer anderen Abteilung. Und in der Echtzeitbetrachtung haben wir da eh keine Chance. Und tatsächlich muss man aber auch sagen: In der Echtzeitbetrachtung schauen wir auch kaum auf Visits, sondern da sind wir eigentlich in einer PI-Welt und rechnen dann auch auf den PIs entsprechend die Modelle. Also wir arbeiten auch an Personalisierungsthemen und da sind wir schon auch dabei, das quasi zu erkunden, aber tatsächlich haben wir da natürlich auch keine Chance. Also wenn jetzt jemand kommt, der quasi keinen Consent gibt, also nicht möchte, dass in irgendeiner Form die Daten verarbeitet werden, dann können wir ihm auch keine personalisierten Inhalte ausspielen und dann ist das auch okay. Also ich meine, es ist ja die Entscheidung des jeweiligen Lesers oder der Leserin.

Christian Kallenberg [00:14:48]:

Peter, da muss ich noch mal ganz kurz einhaken und mal zurück zu deinen eigenen KPIs vor dem Hintergrund von diesem Non-Consent Traffic: Wie weit gewichtest du dann zu? Was ist wichtig? Reichweite oder tatsächlich Plus-Modell, also Abo schreiben? Das ist ja irgendwie ein Spagat, den man da hinbekommen muss, oder?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:15:07]:

Ja, total. Die widersprechen sich auch tatsächlich die Ziele. Also das braucht man ja auch nicht leugnen, weil jeden Nicht-Abonnenten, den ich auf eine Conversion Page, also auf einen Plus-Artikel schicke, egal bei welcher Marke, ist möglicherweise einer, der abspringt, und der wird nicht noch mal den zweiten, dritten Artikel lesen. Also natürlich, wenn er ihn kauft, dann hoffentlich ja, dann ist es natürlich auch ein Effekt, den ich dann dahabe, aber das ist natürlich ein klares Risiko. Und das Gleiche gilt auch für zum Beispiel Search. Man ist da immer in der Abwägung zwischen: Ist der Artikel eigentlich was, mit dem wir jetzt bei Google richtig Traffic machen können? Dann lasse ich halt die Abos liegen. Oder auch andersrum. Und da sind wir dabei, auch das zu messen und dann entsprechend eine Empfehlung auszusprechen.

Christian Kallenberg [00:15:54]:

Okay. Mich würde noch interessieren: Die Entscheidung, welcher Artikel Plus ist und welcher Free ist, das wird ja auch von User zu User unterschiedlich ausgespielt bei euch, oder?  

Peter Dyllick-Brenzinger [00:16:06]:

Nein, noch nicht tatsächlich. Das ist was, das wir anstreben als dynamische Paywall. Das Wallstreet Journal hat damit sehr große Erfolge gefeiert und ist immer so das große, leuchtende Vorbild, aber Stand jetzt ist alles entweder Plus oder Free.

Christian Kallenberg [00:16:24]:

Wie wichtig ist die Visualisierung für den Journalisten bei dieser Entscheidungsfindung? Also die eine Frage ist: Welche Tools hat man? Was können die? Aber die andere Frage ist ja auch: Wie schnell sind die für den Journalisten als Analytics zu verstehen und umzusetzen? Da ist der Journalist ja quasi dann euer Kunde sozusagen, oder?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:16:47]:

Ja, genau. Ja, klar, total. Also wir sind wie Werkzeugmacher für die. Das sind unsere Kunden wirklich oder User eigentlich eher, weil sie bezahlen halt zum Glück nichts, also beziehungsweise das wird irgendwie anders verrechnet. Genau, also die Visualisierung – da finde ich zwei Aspekte wichtig. Das eine ist, dass wir ganz oft wirklich gezielt auf Visualisierungen verzichten und im Grunde eigentlich nur den Insight übermitteln. Und das sind dann eben tatsächlich einfach Textnachrichten, wo wir einfach nur hinschreiben, dass jetzt zum Beispiel ein Artikel sein Ranking verloren hat, was wir über ein relativ einfaches Zeitreihenmodell rausfinden. Und das reicht dann aber auch schon. Dann weiß man: „Okay, das ist jetzt der Artikel“, und dann kann man noch mal in einem Echtzeit Analytics Tool selber in der Visualisierung noch mal nachschauen irgendwie, man kann auch noch mal gucken, wie der jetzt gerade irgendwie in den entsprechenden Analyse Tools und in anderen kommerziellen Analyse Tools steht. Das wäre jetzt so ein Aspekt. Und das andere ist, dass wir aber auch da, wo wir visualisieren, also da, wo wir Übersichts-Dashboards haben und sowas, auch tatsächlich sehr visuell sind und wenig Zahlen zeigen. Also das ist auch was, was wir gelernt haben. Es gibt einzelne Leute in den Redaktionen, die quasi die Muße haben, also so einen großen Teil ihrer Zeit auf Zahlen verwenden können bei ihrer Funktion, dass die das schätzen, wirklich Tabellen zu haben, wirklich Zahlen, aber dass eigentlich der Großteil der Kollegen und Kolleginnen das echt ziemlich plakativ braucht.

Christian Kallenberg [00:18:19]:

Tortendiagramm oder was?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:18:20]: Ja, Bar Charts zum Beispiel ist was ganz Wichtiges. Wir haben Sparklines zum Beispiel. Das spielt für uns eine riesen Rolle, weil die einfach erlauben, wirklich auf Zeilenebene, auf einzelner Artikelebene mit einem Blick eben zu sehen, wo es da gerade hingeht. Und da haben wir auch zum Beispiel viel gelernt mit Skalen und sowas, also dass man tatsächlich eine Vergleichbarkeit über die Zeilen hinweg irgendwie erreichen kann. Und da geht es eben dann darum, wirklich schnell visuell Dinge zu erfassen und wegzukommen von den reinen Zahlen. Also was ich eigentlich gelernt habe, ist, dass der Idealzustand meistens sogar ohne Zahlen ist. Das geht natürlich nicht immer, weil nicht alle Muster, die ein geübter Redaktionsmensch irgendwie schnell erkennt, kann man wirklich gut auch maschinell abbilden, aber es gibt schon echt überraschend viele Muster, die man relativ gut abbilden kann.

Christian Kallenberg [00:19:07]:

Okay, und bei den abzubildenden Mustern, da kommen wir wieder auf die Werkzeuge, die ihr benutzt, und das bringt mich zu der Frage: Buy and Build. Du hast vorhin schon darüber gesprochen. Ihr macht auch viel selbst, aber kauft natürlich auch Lösungen ein. Mich würde interessieren: Wie ist da das Verhältnis von Software, die ihr von extern integriert, und wie viel macht ihr selbst?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:19:30]:

Also wir machen, glaube ich, sehr viel selbst, muss man sagen, und auch gerade im Analytics Kontext, wo es irgendwie auch auf den ersten Blick nicht so einleuchtend ist, aber da hatten wir echt das Thema – bevor wir uns entschieden haben, auch tatsächlich eine eigene Realtime Analytics Lösung zu bauen, also zumindest den Processing- und Darstellungsteil, also Data Collection machen wir über die Analytics, aber quasi alles, was danach kommt, haben wir selber gebaut. Da hatten wir tatsächlich das Problem, dass das, was wir brauchten, es so am Markt nicht gab. Also die Kombination aus Echtzeit und dann im starken Fokus auf die Conversions, also auf das Paid Content Modell, was wir da brauchten, gab es in der Form zu der Zeit nicht, zumindest mit einer Ausnahme, die dann aber quasi strategisch nicht ging, und deswegen mussten wir das selber bauen, was sich schon auch ein Stück weit bewährt hat, finde ich, weil wir dadurch irgendwie sehr gut einfach diese Daten im Griff haben und dann eben diese quasi weiterführenden höherwertigen Lösungen da obendrauf setzen können. Tatsächlich ist es halt so ein bisschen so ein Thema, weil wir halt an der Stelle, wo wir quasi statisch oder jetzt mit Data Science Mitteln arbeiten, tatsächlich jetzt auf den Traffic, auf die Reichweite, auf die jetzt vielleicht auch Audience ausgerichtet sind, sehen wir eigentlich gar keine Lösungen im Markt, die das so genau bedienen, wie wir das eigentlich brauchen. Zumindest haben wir das jetzt nicht entdeckt. Es gibt andere Bereiche, wo sich das stärker anbietet, also tatsächlich in der Bearbeitung der Artikel, dass man da Sachen vereinfacht. Und sowas haben wir auch eingekauft. Aber, wie gesagt, also in dem Analytics Kontext zum einen eben – also die Lösung haben wir dann da selber gebaut, aber natürlich auch mit vielen Cloud-Diensten. Das darf man eigentlich auch nicht verschweigen an der Stelle, weil das ist ja auch was, was jetzt vielleicht vor fünf oder sieben Jahren oder wie auch immer gar nicht möglich gewesen wäre für so kleine Teams, wie wir sie da zum Teil haben, dann irgendwie schon so relativ substanzielle Infrastruktur hinzustellen. Und da nutzen wir echt viele quasi schon sehr starke, mächtige Bauteile von ABS. Und das ist ja eigentlich auch eine Art von Einkaufen.

Benjamin Kolb [00:21:38]:

Ja. Wo du vorhin schon mal gesagt hattest, dass ihr sozusagen die User auch in Abo-Modelle bekommen wollt, weil ihr euch ein Stück weit unabhängig machen wollt, Werbung aber trotzdem noch eine Rolle spielt. Was mich jetzt noch mal so ein bisschen interessieren würde als Head of Editorial: Wie siehst du eigentlich die Redaktion der Zukunft? Also was macht eigentlich so eine Redaktion der Zukunft? Und ist dieser ganze Technikapparat, sagen wir mal, der da so als Basis drunterliegt, ein essenzieller Bestandteil für dich in deiner Zukunftsvision? Auch so im Kontext vielleicht dessen, dass du heutzutage auch über Social Media im Prinzip ein riesen Publikum als Individueller erreichen kannst und darüber natürlich auch Nachrichten verbreiten kannst. Was macht für dich so die Redaktion der Zukunft aus?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:22:21]:

Also ich glaube, das ist eine ganz konzentrierte Redaktion auf die Inhalte. Also das ist auch meine Vision jetzt für unser Schaffen quasi jetzt. Also ganz konkret für unsere Abteilung ist, dass wir eigentlich immer mehr verschwinden, aber im besten Sinne verschwinden, also dass wir quasi denen aus dem Weg gehen eigentlich, also dass Eingabe an nicht-schöpferischer Arbeit irgendwie mehr und mehr automatisiert wird und dann eigentlich gar nicht mehr sichtbar ist. Also dass der Ausdruck dessen, was der Journalist, was die Journalistin quasi erfährt und ausdrücken will, unmittelbar publizierbar ist. Das wäre jetzt so die Vision und da bin ich superoptimistisch, dass das geht. Also wenn man auch jetzt sich anschaut, was mit den neueren Sprachmodellen passiert, also GPD-3, und was da alles möglich ist auch an Textbearbeitung quasi jetzt mal so im allerweitesten Sinne, Textgenerierung, Textglättung, Textarbeit in dem Sinne, dann finde ich das total spannend. Und das Gleiche gilt ja auch für alle anderen Medien, also sei es Fotos, Videos. Da ist ganz viel möglich inzwischen und das meiste von dem, was jetzt heutzutage so zum Online Publishing gehört oder so ein Online Journalist im Berufsbild hat, das schafft ja erst mal nicht unbedingt einen Wert für die Leserin oder den Leser, sondern davon ist ja ganz viel irgendwie fast so Archivararbeit, also irgendwelche Schlagworte vergeben, mal da eine Beschreibung für den Dienst schreiben, noch mal da eine Beschreibung für den Dienst schreiben, drei verschiedene Varianten der Überschrift zu schreiben, nur weil die Teaser irgendwie unterschiedlich groß sind auf den verschiedenen Plattformen oder sowas. Also ganz viel von dem ist ja gar nicht der Kern von dem, was ein Journalist macht oder machen will oder machen soll. Und ich glaube, dass das eigentlich die große Chance ist unserer Zeit, und es ist auch quasi so ein bisschen die Mission, die wir haben, nämlich eigentlich diese Arbeit, die gar nicht unbedingt sein muss, weil sie quasi gar nicht den eigentlichen Wert darstellt, denen wegzunehmen und im Grunde sie zu befreien und ihnen Zeit zu geben und Zeit zu schenken, um das zu tun, was sie eigentlich machen wollen.

Benjamin Kolb [00:24:42]:

Genau, also für mich stellt sich das so ein bisschen so dar, die Vision, dass ihr im Prinzip durch einen massiven Unterbau von Technik, der am Ende für den Journalisten vielleicht gar nicht mehr so wahrnehmbar oder spürbar ist, dafür sorgt, dass alles, was durch Technikhürden gerade aufgebaut wurde, was ein Journalist zusätzlich machen muss, wieder verschwindet und er im Prinzip so arbeitet, wie er gearbeitet hat, bevor das Internet im Prinzip da war, nämlich dass er sich konzentriert auf Recherche, gute Stories und das sozusagen der Kern wieder seiner Arbeit wird. Habe ich das richtig verstanden?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:25:14]:

Ja, genau. Ja, wobei vielleicht dann sogar noch besser. Also es ist natürlich auch schön, einfach nur wieder vor der Schreibmaschine sitzen zu können und irgendwann die drei, vier Seiten irgendwo rüberzureichen oder irgendjemandem in den Korb zu legen. Wenn man sich anschaut, wie viele Schritte man heutzutage braucht, um eine richtige Geschichte komplett da durchzugehen und so, das ist ja schon auch krass. Das wäre sicherlich auch schon was Gute, aber ich glaube, dass man fast noch weiter gehen kann. Also ich glaube, dass man eben zum Beispiel die Abstimmungsschleifen reduzieren kann, weil man quasi schon automatisch beim Erstellen des Textes eine höhere textliche Qualität erreichen kann zum Beispiel durch Assistenzsysteme bis hin zu – aber das ist, finde ich, noch sehr Zukunftsmusik und das führt natürlich auch immer zu viel Unruhe -aber durchaus auch Formulierungshilfen. Also da gibt es inzwischen im amerikanischen Kontext für so eher transaktionale Marketingtexte oder -logos spannende Produkte inzwischen und ich finde, das muss man halt echt gut im Blick behalten, weil das, was jetzt aktuell mit GBT-3, also diesem Open Air Modell, möglich ist, ist schon extrem krass. Und ob man da nicht vielleicht irgendwann auch dazu übergeht, dass man eigentlich eine Recherche oder einen Inhalt eigentlich nur als Outline irgendwie anlegt und dann quasi den ersten Draft irgendwie generiert kriegt, den man dann noch mal überarbeitet oder sowas. Also sowas könnte ich mir durchaus auch vorstellen. Jetzt vielleicht nicht für alles. Bestimmt nicht für große Feuilletonstücke, aber für Meldungen. Also es gibt dann eben einfach unterschiedliche Textgattungen, wo ich glaube, jetzt keiner so traurig wäre. Wobei vielleicht auch da, aber das könnte ich mir vorstellen, dass man da in die Richtung was macht.

Christian Kallenberg [00:27:03]:

Ich würde da aber tatsächlich noch wissen wollen, wie wichtig – da hast du ja auch schon drüber gesprochen – Geschwindigkeit bei der Auslieferung eurer Arbeit eigentlich ist. Also wie schnell muss der Journalist die Daten bekommen und sie durchdringen können? Gibt es da irgendwie Vorgaben, wo ihr sagt, das muss innerhalb von zehn Sekunden klar sein? Also das ist ja auch wieder eine Frage nach der Messbarkeit der eigenen Arbeit.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:27:31]:

Ja, also tatsächlich ist das was, was uns wichtig ist, aber wo wir, um ehrlich zu sein, auch noch Aufholbedarf haben. Und das ist eigentlich total spannend, weil Geschwindigkeit ist ja ein inhärenter publizistischer Wert. Also zwei identische Geschichten und die eine ist schneller draußen – da ist die schnellere die bessere Geschichte. Und das Gleiche muss dann dementsprechend auch für alle unsere Systeme gelten. Wie gesagt, also, wir sind da nicht da, wo wir eigentlich sein sollten, glaube ich. Ich finde da zum Beispiel superinspirierend, was Superhuman macht. Das ist so ein E-Mail-Client, der irre teuer ist und quasi sich eigentlich ausschließlich an die Silicon-Valley-Elite richtet. Und die haben halt von Anfang an alles, was sie machen, auf unter 100 Lesesekunden gekriegt. Das heißt, du hast halt das Gefühl, du hättest Flügel, wenn du dieses Tool benutzt, weil es einfach so schnell reagiert. Und das ist zum Beispiel was, was mich total inspiriert, weil dann wieder auch natürlich so Aspekte reinkommen, dass man die Leute auch in so einen Flow bringt, also dass man ihnen einfach auch erlaubt, ohne Stocken, ohne irgendwie sie aufzuhalten, durch ihre Arbeitsprozesse gleiten zu lassen. Wie gesagt, also, das ist was, was für uns echt wichtig ist, was leider noch mehr Anspruch ist als Wirklichkeit. Also, das ist jetzt eher allgemein auf die Redaktions-Toolings gemünzt. Bei den tatsächlichen Analytics oder Insights, da ist es natürlich total wichtig, schnell zu sein, aber da muss man dann auch ehrlich sagen, dass natürlich nicht sofort reagiert werden kann. Also es sitzt ja zumindest bei uns in den Redaktionen, mit denen wir arbeiten, Axel Springer, keiner rum und wartet, sondern die haben ja alle irre volle Tage. Und dann muss man schon gucken. Das ist aber auch wieder Aufgabe von unseren Modellen und von dem, was wir an Sachen rausfinden, dass man dann schon die, die dann wirklich wichtig sind, auch nur schickt. Und da geht es dann natürlich schon auch darum, schnell zu sein, aber eben gerade deswegen, weil man quasi nicht sofort reagieren kann, dann ist es auch nicht so schlimm, wenn wir mal eine Minute vielleicht länger brauchen. Also an all diesen Stellen wäre es eigentlich ideal, das sofort zu haben. Also noch mal vielleicht auf deine Frage, weil du auch so konkrete Zahlen genannt hast: Wir haben jetzt keine festen Schwellwerte, wo wir sagen: „Okay, das muss jetzt so und so schnell da raus.“ Wir haben für die Performance unserer Tools Zielwerte. Wie gesagt, das sind einfach so Ziele, die sind wie gute Ziele immer auch ein bisschen anspruchsvoll. Genau und wir merken schon auch, wenn es mal klemmt. Die Kollegen und Kolleginnen im Newsroom merken das schon, wenn es mal ein bisschen träge wird oder so. Dann kommt relativ schnelles Feedback: „Ist da irgendwo ein Fehler? Ist da irgendwas los?“ Wir sind aber auch immer besser darin, das selber zu erkennen.

Christian Kallenberg [00:30:07]:

Okay, das klingt so Peter, als ob das eigentlich ein Job ist, der einen 24/7 mehr oder weniger beschäftigt, also wenn man darüber auch vielleicht dann zu Hause noch nachdenken muss, nicht nur zu Corona-Home-Office-Zeiten. Jetzt habe ich aber rausgefunden, dass du – und ich hoffe, ich darf das fragen und sagen – also nicht nur einen gemeinsamen beruflichen Background mit Benni hast, sondern auch ein gemeinsames Hobby hast. Ihr kocht ungeheuer gerne. Wisst ihr das eigentlich, ihr beide? Standet ihr schon mal zusammen am Topf?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:30:36]:

Nein.

Benjamin Kolb [00:30:37]:

Leider noch nicht, nein, aber spannende Frage ist natürlich, Peter: In welcher Küche fühlst du dich dann da so beheimatet? Ist das so die mediterrane Küche oder ist das eher so asiatisch oder was ist denn da so deins?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:30:50]:

Nein, also eigentlich koche ich total viel Nudeln, natürlich wie irgendwie jeder und dementsprechend also wirklich wahrscheinlich dann irgendwie mediterran, aber was ich auch extrem gerne mache, ist irgendwie alles, was schon ein bisschen französischer ist, auch wenn nicht so die richtig anspruchsvollen Sachen. Also ich habe mir jetzt mal vor Kurzem irgendwie den Escoffier geleistet und habe da reingeschaut und habe ihn dann schnell wieder zugemacht. Also für die, die es nicht wissen: Das ist halt so der Klassiker der französischen Küche aus dem 19. Jahrhundert und das ist irre aufwendig, das Zeug, was da drinsteht. Und da fehlt mir tatsächlich, weil ich auch nicht nur gerne koche, sondern auch noch zwei kleine Kinder habe, meistens auch die Zeit für, aber eigentlich ist er mein großes Vorbild und das, wo ich gerne mehr können würde, wäre tatsächlich französische Küche, aber, wie gesagt, da fehlt mir so ein bisschen die Zeit.

Benjamin Kolb [00:31:37]:

Ja, da kann ich nur empfehlen das Standardwerk von Paul Bocuse. Komplett ohne Bilder und die Rezepte fangen auch immer damit an erst mal, wo er das Tier überhaupt kauft auf dem Markt, und dann auch, wie es tatsächlich zu den Einzelteilen kommt, die er kocht. Also ganz spannend eigentlich, was man dort in der Küche eigentlich so alles mit den verschiedenen Teilen eines Tieres macht. Kann ich nur empfehlen.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:32:00]:

Ja.

Benjamin Kolb [00:32:00]:

Paul Bocuse, das Standardwerk.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:32:02]:

Ja, das ist halt cool. Also ich finde das auch eigentlich total erstrebenswert, immer irgendwie so eine Brühe auf dem Herd stehen zu haben, zum Beispiel, aber ich glaube, wenn man nicht auf Michelin- oder auf Gastroniveau kocht, dann ist das halt auch schwer, immer eine Brühe da zu haben. Und es ist aber auch spannend schon mal, diese Rezepte, die dann eben damit anfangen, dass man erst mal einen halben oder einen Tag lang einen Fond ansetzt. Ja.

Christian Kallenberg [00:32:26]:

Peter, letzte Frage von meiner Seite. Was ich mich noch gefragt habe, als ich ein bisschen gekuckt habe: Wer bist du eigentlich? Was machst du alles? Ich habe auf deinem Twitter Profil gelesen, dass du die Wüste liebst. Und da habe ich mich jetzt gefragt: Ist das im übertragenen Sinne gemeint gewesen? Also schickt der Peter gerne Menschen in die Wüste oder ist das –

Peter Dyllick-Brenzinger [00:32:42]:

Nein, um Gottes Willen. Nein, ganz konkret die Wüste. Also ich bin super gerne in der Wüste, leider zu selten, also jetzt zu Corona-Zeiten. Ich mag, dass da so wenig los ist, tatsächlich. Also da ist es ruhig und da ist wahnsinnig viel Platz und Weite und meistens auch richtig tolles Licht, weil Wüsten ja klassischerweise relativ warme Orte sind. Also in einer Eiswüste war ich tatsächlich noch nie, aber ich war in verschiedensten anderen Wüsten. Nein, und ich mag das einfach echt gerne irgendwie. Also ich glaube, das hat viel mit dem Licht zu tun, tatsächlich und aber auch mit der reduzierten – sagen wir es jetzt mal euphemistisch – Vegetation.

Benjamin Kolb [00:33:24]:

Ja, man braucht das wahrscheinlich auch als Gegenpol, dass auch mal gar nichts los ist, wenn man sonst den Tag mit der BILD-Redaktion zusammenarbeitet, oder?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:33:31]:

Das sagst du jetzt. Aber wobei, die sind zum Großteil besser als ihr Ruf, muss man sagen.

Benjamin Kolb [00:33:38]:

Ja. Machst du denn sonst noch andere Sachen als Hobby so als Gegenpol zu der doch ziemlich aufregenden Arbeit, denke ich mal?

Peter Dyllick-Brenzinger [00:33:47]:

Ja, so die Klassiker. Ich lese natürlich gerne, ich trinke gerne Wein – also jetzt nicht zu viel, keine Angst, aber dafür sind die Sachen dann auch ein bisschen zu teuer. Nein, sowas halt gerne. Und eigentlich treffe ich mich ich gerne mit Freunden, aber das ist ja im Moment sehr schlecht möglich. Und da finde ich es auch dann – sehe ich jetzt gerade – unglaublich anstrengend. Also ich habe einige Freunde, die machen auch regelmäßig irgendwie abends noch mit Videocall was, aber wenn ich irgendwie sieben, acht Stunden am Tag im Videocall war – ich weiß nicht, wie es euch geht – dann möchte ich, um ehrlich zu sein, nicht noch irgendwelche Spiele spielen auf Zoom oder so.  

Christian Kallenberg [00:34:32]:

Super. Peter, also wir wissen es wirklich sehr zu schätzen, dass du dir trotz dieser ganzen Videocalls und Konferenzen doch noch die Zeit genommen hast, um jetzt mit uns hier zu sprechen. Vielen, vielen Dank dafür. Ich fand es sehr erleuchtend, habe viel über das Thema Actionable Analytics gelernt. Benni wusste wahrscheinlich schon alles. Aber, ich weiß nicht, Benni, wie fandest du es?

Benjamin Kolb [00:34:55]:

Ich fand es sehr, sehr spannend. Natürlich wusste ich nicht alles und es ist tatsächlich gut zu hören, so aus erster Hand von denjenigen, die diese Tools solchen Redaktionen bereitstellen, was da eigentlich dahintersteht. Also vielen, vielen Dank für die Erkenntnisse. Hat mir sehr viel Spaß gemacht und auch vielen Dank, dass du dir tatsächlich jetzt auch die Zeit genommen hast nach einem wahrscheinlich anstrengenden Arbeitstag schon am Rechner.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:35:16]:

Ja, vielen Dank für euer Interesse dafür auf jeden Fall und für die Einladung. Hat mich auf jeden Fall auch sehr gefreut.

Christian Kallenberg [00:35:21]:

Super und auf bald.

Benjamin Kolb [00:35:24]:

Auf bald.

Peter Dyllick-Brenzinger [00:35:24]:

Genau, bis bald.

Benjamin Kolb [00:35:26]:

Genau.